Es war ein Verkehrsunfall mit schrecklichen Folgen. Seit Mitte Juli vergangenen Jahres liegt eine 33 Jahre alte Frau im Wachkoma. Sie hatte schwere Verletzungen an Kopf und Halswirbelsäule erlitten, nachdem der Wagen eines 73-Jährigen am Kreisverkehr in Igling regelrecht ausgehoben wurde und das Dach des auf der gegenüberliegenden Seite wartenden Autos eindrückte. Der Verursacher hatte zuvor einen Zuckerschock erlitten. Das Schöffengericht am Amtsgericht in Landsberg verurteilte ihn jetzt zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Zudem darf der Angeklagte weitere zwei Jahre nicht Auto fahren und muss eine Geldstrafe (3500 Euro an eine Unfallhilfe) bezahlen. Der Vorsitzende Richter Matthias Neumann sah es in der Urteilsbegründung als erwiesen an, dass der Rentner aus Landsberg, der seit zehn Jahren an Diabetes leidet, den Unfall hätte verhindern können, wenn er sich über seine Erkrankung besser informiert hätte. Am Unfalltag hatte sich der 73-Jährige die übliche Dosis gespritzt, obwohl er nüchtern bleiben musste. Denn die Fahrt über Igling hätte zu einem Arzt führen sollen, der ihm Blut abnehmen wollte, um seine aktuellen Zuckerwerte feststellen zu können.
Schon in Landsberg habe sich der 'Diätfehler' ausgewirkt. Wie der Angeklagte in der Verhandlung sagte, ist die Veränderung plötzlich eingetreten. Er habe nur noch 'Mattscheibe' gesehen. Auf der Fahrt bis zum Kreisverkehr in Igling war der unsicher fahrende Mann bereits anderen Autofahrern aufgefallen, sagte ein als Zeuge geladener 32-jähriger Polizeibeamter. Ein ärztliches Gutachten bescheinigte dem Angeklagten, für die letzte Strecke nicht mehr 'steuerungsfähig' gewesen zu sein. Deswegen sagte Verteidigerin Anne Becker auch, ihr Mandant sei ab dem Waitzinger Berg als 'schuldunfähig' einzustufen. Ob er während der Fahrt hätte anhalten können, lässt sich laut Gutachten 'im Nachhinein nicht einschätzen'.
Am Unfallort war der 73-Jährige offenbar bewusstlos aufs Lenkrad gesackt, während sein rechter Fuß das Gaspedal drückte. Mit gut 60 Stundenkilometern soll das Auto laut Gutachten über den inneren Rand des Kreisverkehrs gefahren sein, hob ab und landete auf dem Dach des Wagens der 33-Jährigen.
Staatsanwältin Elke Lutz warf dem Rentner einen laxen Umgang mit seiner Krankheit vor. Zudem zeige er sich nicht einsichtig, unrecht gehandelt zu haben. Daher forderte sie wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie die Verlängerung des Führerscheinentzugs um zwei Jahre.
Verteidigerin Anne Becker betonte, dass ihr Mandant nicht fahrlässig gehandelt habe. Denn bis zu dem Unfall habe er es nur mit leichten Unterzuckerungen zu tun gehabt. Der Angeklagte sei nur wegen fahrlässiger Körperverletzung zu bestrafen. Eine Geldstrafe sei ausreichend. Da der Führerschein seit dem Unfall entzogen wurde, regte sie ein weiteres Fahrverbot von drei Monaten an.
'Sie sind der Einzige, der diesen Unfall hätte verhindern können', sagte Richter Neumann zum Angeklagten. Seiner Meinung nach hätte der 73-Jährige die Fahrt gar nicht erst antreten dürfen, wenn er über die möglichen Auswirkungen seiner Krankheit informiert gewesen wäre.