Vier Schlecker-Filialen sind in Kempten verblieben. Wie es mit den Märkten am Schwalbenweg, im Oberösch, am Brodkorbweg und in der Bodmanstraße weitergeht, ist allerdings noch völlig offen. Der insolvente Konzern macht dazu noch keine Angaben.
Das Personal hofft indes, dass alle Läden erhalten bleiben. In Unterschriftenlisten erklären sich die Kunden solidarisch. Die vierte Liste bereits voll ist Freitagmittag in der Filiale in der Bodmanstraße. 'Ich kopier’ euch neue Formulare, wenn ihr mehr braucht', bietet sich spontan ein Arbeiter an. Auch eine Seniorin setzt ihre Unterschrift unter den Satz 'Wir erklären uns solidarisch mit dem Personal bei Schlecker'. 'Ich werde am 21. März 83', sagt die Frau, die am Adenauerring wohnt: 'Ich muss alles zu Fuß erledigen, für mich ist der Schlecker hier toll'. Alles was sie so für den Haushalt braucht, finde sie in den Regalen. Und das Personal sei ausgesprochen freundlich.
Das ist auch Renate Dorn aus Waltenhofen und Helga Mayr aufgefallen, die im Umgriff des Oberösch arbeiten: 'Eine ganz nette Verkäuferin arbeitet dort.' Sie selbst nutzen das Angebot hin und wieder, 'wenn’s halt pressiert'. Mobil wie sie sind, fänden sie genügend Alternativen. 'Aber für die alten Menschen hier wäre es natürlich ein Einbruch, wenn der Markt schließen müsste.'
11.750 Stellen fallen weg
So sieht es auch eine Angestellte im Laden am Brodkorbweg. 'Die Älteren kommen doch jeden Tag hier mit dem Rollator her, für die ist unser Geschäft enorm wichtig.' Sie geht davon aus, dass es irgendwie mit Schlecker weitergeht. 'Die Frage ist halt, wer am Schluss bleibt."
An ihren Arbeitsplätzen hingen die meisten Mitarbeiterinnen. 'Uns ist noch nie etwas Böses passiert', versichert sie. Pünktlich am 1. sei das Geld auf dem Konto, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld würden auch überwiesen, alles nach geltendem Tarifvertrag – 'das ist nicht selbstverständlich in der Branche.' Auch in dieser Niederlassung liegen die Unterschriftenlisten aus. Kunden aller Altersklassen sprechen sich für den Erhalt des Marktes aus.
Die Filialzahl wird von 5400 auf 3000 Verkaufsstellen reduziert, heißt es aus der Konzernzentrale. Damit blieben deutschlandweit 13 500 Arbeitsplätze erhalten, 11 750 würden gestrichen.
'Welche konkret betroffen sind, wird heute und in den kommenden Tagen noch nicht bekannt gegeben', schreibt Alexandra Völksch, Assistentin Unternehmenskommunikation, auf Anfrage der AZ. Zunächst wolle man die betroffenen Mitarbeiterinnen selbst informieren.
Bei Verdi ist am 8. März eine Aktion mit den Betriebsrätinnen in Nürnberg geplant. 'Wieder einmal sollen die Beschäftigten die Zeche zahlen für massives Missmanagement und die Selbstherrlichkeit des Unternehmers', poltert Hubert Thiermeyer, Leiter Handel in Verdi Bayern. Die Gewerkschaft kämpfe 'um jede einzelne Existenz der Schlecker Frauen', zum Beispiel mit Vorschlägen für ein Fortführungskonzept. An die Politik appelliert Verdi dabei zu helfen, kreativ Arbeit zu organisieren, statt für Arbeitslosigkeit zu zahlen.
Die Zukunft der Schlecker-Filialen in Kempten wie hier in der Bodmanstraße ist noch völlig offen. Foto: Hermann Ernst