Markus Karlinger sagt über sich und sein Leben, er sei zufrieden damit. Zufrieden ohne Fernseher und ohne Internet. Denn die brauche er eigentlich nicht. Zumindest in den vergangenen dreieinhalb Monaten hat er sie nicht vermisst. Der neue Hüttenwirt auf dem Waltenberger Haus in den Oberstdorfer Bergen war heuer die erste Saison dort oben, zusammen mit seiner Frau Claudia und meist waren auch die beiden fünf und sieben Jahre alten Söhne da.
13 Jahre auf der Simmshütte
Karlinger ist eigentlich gelernter Steuerfachgehilfe. Doch schon vor 14 Jahren hing er nach einer mehrjährigen Weltreise diesen soliden Beruf an den Nagel und übernahm als Wirt die Simmshütte in den Lechtaler Alpen. Bereut hat er das Hüttenwirts-Leben bisher nicht und mit der Übernahme des Waltenberger Hauses ist der gebürtige Oberstdorfer quasi in seine Heimatberge zurückgekehrt.
Manche Traditionen leben weiter auf dem Waltenberger Haus, das bis vergangenes Jahr von dem heuer im Frühjahr überraschend gestorbenen Mandi Böllmann bewirtschaftet wurde. So gibt es für diejenigen, die einen großen Scheit Holz von unten mit hinaufschleppen, immer noch einen Schnaps. Das hatte der Mandi auch immer so gemacht und wer keinen Schnaps wollte, der durfte sich eine Tafel Schokolade nehmen.
Denn anders als die anderen Hütten im Allgäu führt zum Waltenberger Haus keine Materialseilbahn. Fast alles muss per Hubschrauber hinaufgeflogen werden. Wer beim Aufstieg noch Platz im Rucksack hat, nimmt unten in Einödsbach einen Laib Brot für die Hütte mit. 'Das klappt wunderbar', freut sich Karlinger. Überhaupt ist er mit seinen Gästen genauso zufrieden wie mit dem Saisonverlauf insgesamt.
Richtiggehend ins Schwärmen gerät er, wenn er von den langen Sommerabenden auf der Westterrasse der Hütte erzählt: 'Da glüht der Horizont beim Sonnenuntergang'. Oder die Steinböcke nähern sich am Abend bis an die Hütte, wenn es in den Bergen ruhig geworden ist und die Tagestouristen längst wieder unten im Tal sind.
Noch unklar ist, wie es mit dem Waltenberger Haus weitergehen wird. Die besitzende Alpenvereins-Sektion Immenstadt denkt an eine grundlegende Sanierung dieser ältesten Alpenvereinshütte.
Von einem Rekordsommer spricht Gaby Braxmaier von der benachbarten Kemptner Hütte. Positiv ist ihr aufgefallen, dass immer mehr individuelle Weitwanderer von Oberstdorf nach Meran unter der Woche starten und der Betrieb sich so entzerrt. Den ungebremsten Wanderboom bekommt auch Moritz Zobel, Alpinberater bei Oberstdorf-Tourismus, zu spüren. Über 3550 Anfragen hatte er seit Juni dieses Jahres zu beantworten – per Telefon, Post oder E-Mail. 'Neulich kam sogar eine Anfrage aus Indien', erzählt Zobel.