Der Tourismus im Allgäu hat im letzten Jahr stark gelitten. Neue Auswertungen des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes e.V. (DEHOGA Bayern) belegen, dass im bayerischen Schwaben die Zahl der Übernachtungen im Jahr 2020 um über 30 Prozent gesunken ist. Für ganz Bayern liegt der Rückgang bei den Übernachtungen sogar bei über 50 Prozent.
Aiwanger fordert Öffnungsperspektive von der Bundesregierung
Bayerns Wirtschafts- und Tourismusminister Hubert Aiwanger: "Für den Tourismus in Bayern war 2020 mit Ausnahme einiger Sommermonate ein katastrophales Jahr. Zwei Lockdowns, von denen einer noch immer andauert, haben die Branche stellenweise fast vollständig zum Erliegen gebracht." Der Minister hat bei der Vorstellung der Tourismusbilanz 2020 vom Bund gefordert, auch für touristische Einrichtungen eine faire, faktenbasierte Öffnungsperspektive zu erarbeiten.
Verbände legen Tourismus-Paket vor
Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und der DEHOGA Bayern sind dem jetzt zuvorgekommen und haben selbst ein "Paket für den Tourismus" vorgelegt. In einer Pressemitteilung begrüßen die Verbände "außerordentlich, dass Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger das Papier mitträgt."
Das sind die Kernpunkte des Tourismus-Pakets von Dehoga und vbw:
1. Hilfe in der Krise
- Wirtschaftshilfen und Förderprogramme kraftvoll fortsetzen: Dazu gehört laut den Vorschlägen der Verbände beispielsweise ein neues branchenübergreifendes Investitionsprogramm für Belüftungs- und Luftreinigungssysteme.
- Verlässliches, transparentes Öffnungskonzept erarbeiten, das Planungssicherheit schafft: Die Kriterien, ob und wann Gastro und Tourismus öffnen dürfen, sollen demnach auf Erkenntnissen basieren, die auch eine "Differenzierung auf Basis der vorgehaltenen Hygiene- und Schutzkonzepte ermöglichen." Notwendig seien langfristige Strategien.
- Kontakt halten und Schließungsphasen überbrücken: Unterstützung bei der Kommunikation mit Gästen und der Entwicklung von Konzepten als Teil der notwendigen laufenden Professionalisierung aller Tourismusakteure verstehen.
2. Nachhaltig erfolgreiches Wirtschaften ermöglichen
- Moderne, praxisgerechte Arbeitszeitregeln: Die tägliche Höchstarbeitszeit soll abgelöst werden von flexibleren Arbeitszeitmodellen, beispielsweise einer wochenbezogenen Betrachtung. Dazu könnte man flexiblere Möglichkeiten aus dem EU-Recht übernehmen.
- Digitale Infrastruktur (Glasfaser und 5G) schnellstmöglich flächendeckend ausbauen.
- Bürokratieabbau, Digitalisierung und Vereinfachung von Verwaltungsleistungen: Die Verbände fordern einen Paradigmenwechsel: "weg von dem Anspruch, Risiken auf Null zu reduzieren und hin zu agileren Reaktionsmöglichkeiten auf neue Erfordernisse und Situationen." Digitale Lösungen statt händischer Prüfungen, voll digitalisierte Erfüllung von Aufzeichnungs- und Meldepflichten. Die Notwendigkeit regulierender Eingriffe und der Eingriffsintensität, beispielsweise vorgegebener Intervalle, "muss regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden, ob es sich um Gesetze, Verordnungen oder die Verwaltungspraxis handelt."
- Sicherung des Fachkräfte- und Mitarbeiterbedarfs als Daueraufgabe verstehen: Dazu wollen die Verbände, dass die Attraktivität der entsprechenden Berufe weiter gesteigert wird. Das müsse man auch in der Öffentlichkeit vermitteln.
- Fairen Wettbewerb gewährleisten, im Inland wie im internationalen Vergleich: Vergleichbare Angebote brauchen auch vergleichbare Ordnungsrahmen, um ein Level Playing Field zu ermöglichen.
- Unternehmensbesteuerung auf 25 Prozent absenken: Damit würde man laut der Verbände ein international wettbewerbsfähiges Niveau erreichen. Den ermäßigten Mehrwertsteuersatz (auch für Getränke) gelte es beizubehalten, "solange es zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen im Vergleich zu den angrenzenden ausländischen Tourismusregionen erforderlich ist."
- Gaststätten bei der Modernisierung weiter unterstützen, um die gewachsene Landschaft nicht nur zu erhalten, sondern zugleich für die Zukunft zu rüsten.
- Klimaanpassungsstrategien stärken und fördern, um den sich bereits in vielen Regionen ab- zeichnenden Auswirkungen des Klimawandels mindestens einen Schritt voraus zu sein.
- Mobilitätsangebote für Tourismusregionen verbessern: Die Verkehrsinfrastruktur müsse zügig weiter ausgebaut werden und den sich wandelnden Anforderungen Rechnung tragen, beispielsweise im Bereich vernetzte Mobilität.
- ÖPNV stärker ausrichten auf die typischen Mobilitätsanforderungen des Gastes auf der "letzten Meile" und am Zielort. ÖPNV dürfe nicht an Gemeinde- oder Landkreisgrenzen enden.
3. Neue Impulse setzen
- Intensivierung der laufenden Kommunikation: Gäste für Bayern begeistern, unter anderem mit gezielten Kampagnen für neue Angebote und für bestimmter Gruppen (z.B. inländische Zielgruppe) und Destinationstypen (z.B. Städte, Bäder) und noch weniger bekannter Regionen.
- Programme und Maßnahmen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit sollen stärker auf Tourismus ausgerichtet werden, beispielsweise beim für das Allgäu höchst relevanten Bergtourismus.
- Betriebe sollen bei der Digitalisierung stärker unterstützt werden: Wichtiger Baustein sei "eine Sensibilisierung für die Potenziale von Datenanalysen und darauf aufbauend der Datennutzung, z. B. für die Optimierung bestehender betrieblicher Planungen oder die Etablierung neuer Lösungen." Dazu brauche es zügig eine einheitliche Anlaufstelle.
- Forschungsergebnisse zur Zukunft des Tourismus (z. B. aus der Arbeit des BZT) gelte es, in die Praxis zu transportieren und hierfür die notwendigen Mittel vorzusehen.
- Innovationsförderung: Wettbewerbe beispielsweise für Konzepte für den Städtetourismus der Zukunft, sind laut der Verbände geeignete Instrumente, um neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen.