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"Totenstimmung" bei der Belegschaft von Hochland Kempten

Kempten

"Totenstimmung" bei der Belegschaft von Hochland Kempten

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    "Totenstimmung" bei der Belegschaft von Hochland Kempten
    "Totenstimmung" bei der Belegschaft von Hochland Kempten Foto: laurin schmid

    Die Mitarbeiter zündeten Grablichter an und viele trugen schwarz, als die Geschäftsführung die Nachricht von der bevorstehenden Schließung überbrachte: "Es herrschte eine richtige Totenstimmung bei den Leuten", erzählt Betriebsratsvorsitzender Thomas Fickert. Ende des Jahres will die Käserei Hochland in Kempten die Produktion einstellen (wir berichteten). Betroffen sind rund 80 Beschäftigte. Sie fordern jetzt, die Kurzarbeit für die restlichen Monate einzustellen.

    Vor eineinhalb Jahren hatte das Unternehmen Hochland mit Sitz in Heimenkirch die Marke "Grünland" und damit auch das Schmelzkäsewerk in Kempten übernommen. Hochland zählt zu den größten Käseherstellern in Europa mit insgesamt über 4200 Mitarbeitern an zwölf Produktionsstätten.

    Das Kemptener Werk sei damals schon defizitär gewesen, erläutert Thomas Brunner, Geschäftsführer von Hochland Deutschland: "Aber wir waren optimistisch und haben geglaubt, uns mit kleinvolumigen Produkten am Markt zu behaupten." Die Geschäftsleitung setzte auf die Flexibilität des Kemptener Werks und wollte Produkte für Industriebetriebe herstellen, beispielsweise Schmelzkäse für Kartoffeltaschen.

    "Das war aber leider nicht realisierbar", so Brunner. In den eineinhalb Jahren habe das Werk keine schwarzen Zahlen geschrieben. Und dann sei auch noch der Großauftrag eines Kunden weggefallen, der 70 Prozent des gesamten Arbeitsvolumens in dem Kemptener Werk ausmachte. Die Folge: Kurzarbeit. Und mittlerweile sieht Brunner auch "zu wenig Potenzial" für die Zukunft.

    Altersdurchschnitt über 50

    "Da hätte man noch mehr tun müssen", urteilt dagegen Peter Schmidt, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). Zwar sei es richtig, dass das frühere Grünland-Werk auch schon vor der Übernahme rote Zahlen geschrieben habe. Aber die Belegschaft hatte gehofft, dass Hochland als einer der Größten in der Branche neue Produkte nach Kempten bringen würde. Dabei werde es für viele Beschäftigte schwer, nach der Schließung eine Stelle zu finden.

    Denn der Altersdurchschnitt liege über 50 Jahre. Schmidt: "Wir appellieren jetzt an die soziale Verantwortung von Hochland, möglichst viele Mitarbeiter in anderen Werken unterzubringen."

    Dem kann Betriebsratsvorsitzender Fickert nur zustimmen. Wie Schmidt hofft er darauf, dass beispielsweise Stellen, die derzeit in Heimenkirch oder Schongau von Leiharbeitern besetzt sind, für die Kemptener geöffnet werden. "Außerdem fordern wir, dass die Kurzarbeit beendet wird", so Fickert. Denn zum einen bedeute das schon jetzt mehrere Hundert Euro Gehaltseinbußen im Monat und dann habe das für diejenigen, die später keinen Job mehr finden, auch Abzüge beim Arbeitslosengeld zur Folge.

    Was sagt die Geschäftsführung dazu? "Bei der momentanen Auslastung ist nur noch für einen Tag in der Woche Arbeit da", erläutert Brunner, warum Hochland auch weiterhin Kurzarbeiter-Lohn zahlen wolle. Gleichzeitig hofft er auf eine einvernehmliche Lösung und verspricht, die Einbußen beim Sozialplan auszugleichen. Außerdem will auch Hochland möglichst vielen Beschäftigten aus Kempten wieder Arbeit vermitteln. Ob die Arbeitsplätze der Leiharbeiter, die saisonal eingestellt seien, in Dauerstellen für die Kemptener umgewandelt werden können, werde derzeit geprüft.

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