Am 1. Dezember fängt nach meteorologischer Zeitrechnung der Winter an. Mit der kalten und schneereichen Jahreszeit gehen im Allgäu nicht nur Advent und Weihnachten, sondern jedes Jahr auch die Lust auf Skifahren einher. Doch was ist, wenn man Skifahren will, aber überhaupt kein Schnee liegt? Auf den Skipisten im Allgäu und in den Alpen passiert das eigentlich seit Jahren nicht mehr. Sollten einmal keine Schneeflocken vom Himmel fallen, werden die Pisten einfach mit Schneekanonen beschneit. Gegen dieses Prinzip regt sich Widerstand - gerade auch wegen der Energiekrise:
BUND Naturschutz: Betreiber sollen auf Schneekanonen verzichten
Sowohl der BUND Naturschutz in Bayern (BN), als auch die Grünenfraktion im Bayerischen Landtag wollen an der aktuellen Beschneiungssituation mit Schneekanonen etwas ändern. Für den BUND Naturschutz sind der enorme Ressourcenverbrauch und die Umweltschäden durch Beschneiungsanlagen allgemein nicht weiter tragbar. Vor dem Hintergrund der Energiekrise und der schlechten Umweltbilanz der Beschneiungsanlagen appelliert der Verein einerseits direkt an die Betreiber der Skigebiete. Sie sollen in diesem Winter auf den Einsatz der Schneekanonen verzichten. "Die Skigebietsbetreiber haben auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Sie sollten sich in der derzeitigen Energiemangellage solidarisch zeigen und freiwillig auf den Einsatz von Schneekanonen verzichten. Sie verbrauchen Unmengen an Strom und haben nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung einen fragwürdigen Nutzen", erklärt der BN-Vorsitzende Richard Mergner. "Schneekanonen waren aufgrund ihrer schlechten Ökobilanz schon immer problematisch, in der derzeitigen Krisensituation sind sie schlicht unmoralisch. Ein Verzicht auf Beschneiung kann in einem Winter 16 Millionen Kilowattstunden Strom in Bayern sparen, zudem Millionen Liter Wasser", fügt Mergner hinzu.
Forderung: Keine Genehmigungen mehr für Schneekanonen
Andererseits fordert der BN aber auch die Bayerische Staatsregierung auf, keine weiteren Genehmigungen für den Betrieb von Schneekanonen zu erteilen. Hierbei soll sich die Regierung auch mit der Schweiz und Österreich abstimmen, um eine Lösung für den gesamten angrenzenden Alpenraum zu erzielen, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins. Axel Doering, der Sprecher des Arbeitskreises Alpen, meint: "Wir wollen in Zukunft keine Bilder mehr von weißen Schneebändern in ansonsten grüner Umgebung sehen. Auch ein ganzjähriger sanfter Tourismus kann ein Erfolgsrezept sein. Auf umweltschädlichen Halligalli-Tourismus kann unsere sensible bayerische Bergwelt bestens verzichten. Übrigens: In einer Umfrage hatten sich kürzlich über 80 Prozent der Bevölkerung gegen den Einsatz von Schneekanonen ausgesprochen."
Ziel: Generelles Verbot von Beschneiungsanlagen
Die klare Meinung des BN: Skigebiete müssen sich umstellen und auf klima- und naturverträglichen Tourismus setzen. Der Verein hat sich deshalb als Ziel gesetzt, auf kurz oder lang ein generelles Verbot von Beschneiungsanlagen oder zumindest eine drastische Einschränkung des Betriebs durchzusetzen. Deshalb hat der BN zusammen mit anderen Umweltverbänden in einem ersten Schritt eine Petition in den Landtag eingebracht mit dem Ziel, die staatliche Förderung von Schneekanonen zu beenden.
Grüne: Keine staatliche Förderung für Schneekanonen mehr
Doch auch im Bayerischen Landtag selbst wächst der Widerstand gegen die künstlichen Beschneiungsanlagen. Die Fraktion der Grünen konzentrierte sich in diesem Zusammenhang auf die Förderung der Schneekanonen durch den Freistaat. Aktuell ist es nämlich so: Will beispielsweise ein Skigebiet eine Seilbahn erneuern oder ausbauen, unterstützt der Freistaat dabei nicht nur die Erneuerung selbst, sondern auch den möglicherweise dazugehörigen Bau von Parkplätzen - und eben auch die Anschaffung oder Instandsetzung von Schneekanonen. Hier wollten die Grünen zusammen mit der SPD eingreifen. Sie forderten mit einem Antrag im Landtag, dass diese zusätzliche Förderung für Schneekanonen in Zukunft nicht mehr stattfinden solle. Aber der Änderungsantrag scheiterte. CSU, Freie Wähler, AfD und FDP sprachen sich gegen die Abschaffung der Zusatzförderung aus. Dennoch wollen die Grünen nicht aufgeben: Christian Zwanziger von den Grünen sagte laut dem BR: "Die Beschneiung wird schon allein wegen der Klimakrise und aus Umweltgründen keine dauerhafte Zukunft haben in Bayern. Und aus unserer Sicht sollten wir jetzt sofort aufhören, das zu fördern."
Aiwanger: Ohne Beschneiung geht es nicht mehr
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern hatte dagegen schon vor einiger Zeit zu dem Thema Beschneiung mit Schneekanonen gesagt: "Ohne Beschneiung ist einfach ein modernes Skigebiet heutzutage praktisch einfach nicht zu betreiben." Im Landtag fügt er er dieser Aussage hinzu: "Es geht ja genau darum, wenn mal der Winter nicht so schneesicher ist, auch bayerische Skigebiete mit Kunstschnee abzusichern."
Homburg (OK-Bergbahnen): Beschneiung muss sein!
Derselben Meinung ist auch jemand, der jährlich und täglich an vorderster Front mit diesem Thema zu tun hat. Jörn Homburg, Marketingchef bei den Oberstdorf-Kleinwalsertal-Bergbahnen (OK-Bergbahnen), sagt im Podcast aufall-in.de zu der Frage, ob Beschneiung sein muss: "Ja, es muss sein. Ja, ganz deutlich ja! Es ist bei weitem nicht so naturzerstörend, wie alle behaupten." Denn das Thema Beschneiung sei vor allem wichtig, weil es eine gewisse "Buchungssicherheit" generiert. Von den Pisten, auf denen Schnee liegt, würde nämlich die ganze Kette des touristischen Wintersports von Bergbahnen bis Gaststätten etc. abhängen. Dennoch müsse man alles dafür tun, um Energie zu sparen. Die OK-Bergbahnen setzen Homburg zufolge deshalb nun auf moderne Lösungen aus der Wissenschaft. Durch künstliche Intelligenz bzw. moderne Technik könne man nur, wenn es nötig ist, zu gewissen Zeiten, die genau eruiert würden, beschneien und so Energie sparen. Genauer beschreibt Homburg das Ganze im Podcast mitall-in.de:
Podcast: Wintersaison 2022/23 im Allgäu - Das erwartet Jörn Homburg von den OK-Bergbahnen