Begeisterung auf beiden Seiten der Konzertbühne im Richard-Wengenmeier-Saal der Marktoberdorfer Musikakademie kennzeichnete das sechste Konzert des Symphonieorchester Ostallgäu unter Leitung von Stephan Dollansky. Einerseits feuerten sich die Musiker auf dem Podium über weite Strecken hörbar- und sichtbar regelrecht untereinander an, setzten sich mit Begeisterung, Interesse und teilweise auch jugendlichem Überschwang mit dem zweiteiligen Programm aus Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 in G-Dur (Solist: Ingmar Schwindt) und Robert Schumanns 'Rheinischer Sinfonie' klanglich produktiv auseinander, andererseits fand dies beim Publikum in Form von begeistertem Applaus seine angemessene Reaktion.
Auswendig spielender Pianist frei von Kraftmeierei
Im Kopf-Allegro des Klavierkonzertes setzt das Soloinstrument ohne vorangestellte Orchester-Exposition gleich zu Beginn ein: der auswendig spielende Ingmar Schwindt griff entschlossen und doch frei von unreflektierter Kraftmeierei in die Tasten, konturierte das Modulationsgefüge klar und präzise, flankiert von wie beiläufig akzentuierter Leichtigkeit und Eleganz in den teils chromatisch geführten Läufen und Trillerfiguren. Das Orchester ließ die Themenbausteine farbig und detailorientiert durch die Register wandern, lavierte reizvoll, farbig und geschickt auf dem Grat zwischen noch klassischer Satzbauweise und romantischer Expressivität, ließ einerseits Sehnsucht wogen und übte sich andererseits gekonnt in der Zurücknahme der Begleitfunktion.
Interessant war es, den Mittelsatz im Hinblick auf das 'Programm' –die Orpheus-Sage – hin zu interpretieren. Das Orchester fungiert in diesem Zusammenhang als Totenreich, das dem von Sehnsucht nach Eurydike zerfressenen Orpheus (dem Solo-Piano) ein nach von unerbittlichem Marcato-Spiel gekennzeichneten 'Nein' zunehmend weicher, versöhnlicher, leiser bis zum verhaltenen Ausklang in den tiefen Streichern entgegnet. Der Pianist zog zuvor in der Kadenz alle Register einer veritablen Krise: vom sensiblen Bittgestus in Lamentoso-Manier bis zur trillergeladenen Dramatik einer Grenzsituation.
Spritzig und heiter-jubilierend dann das Schluss-Rondo, das prägnante Bläser-Farben oft als Feedback des Streichersatzes brachte und auch die ein oder andere dankbare Passage für Bratschen bereithielt. Als Zugabe gab es vor der Pause eine kurze, gewitzt umgesetzte Klavier-Bagatelle (Beethoven) von Schwindt am Flügel.
Mit Temperament und Feuer swingenden Gestus entwickelt
Gut ausgelotet zwischen Struktur und Fläche startete das Orchester nach der Pause mit dem Thema aus dem Kopfsatz in Schumanns Sinfonie Nr. 3, op. 97, entwickelte mit Temperament und Feuer einen swingenden Gestus, setzte mit juvenilem Schwung auf den großen, durchgetragenen Bogen, oft geprägt vom souverän spielenden Blech.
Im zweiten Satz boten die tiefen Streicher warmen Sound, bevor wechselnde Bläserfarben die Akkordbrechungen funkeln und schillern ließen und danach der erneute Themeneinsatz mit Esprit und Überschwang über die Bühne ging. Der vergleichsweise ausgedünnt-luftige Mittelsatz lebte danach gleichermaßen von aparten Holzbläserfarben wie von offen gesetzten Stellen für die tiefen Streicher.
Der 4. Satz bringt repräsentatives Blech. Dollansky verstand es, hier die Konzentration der Musiker nochmals optimal zu bündeln. Tänzerisch und festlich der Schlusssatz, dynamisch-variabel gestaltet zwischen einem Hauch Biedermeier und leisen Richard-Wagner-Ahnungen.