Die tödlichen Schüsse auf einen jungen Staatsanwalt im Amtsgericht Dachau haben bundesweit eine Debatte über die Sicherheit in Gerichtsgebäuden ausgelöst. Bayerns Justizministerin Beate Merk hat angekündigt, alle Gerichtsgebäude in Bayern mit mobilen Metalldetektoren wie auf Flughäfen auszustatten. Diese Kontrollgeräte müssen künftig alle Besucher passieren. Bei der Forderung nach neueren und moderneren Sicherheitsschleusen wird aber ein Aspekt vergessen: Ein Großteil der Menschen, die in einem Gerichtsgebäude ein- und ausgehen, erledigt nur Behördengänge. Viele Besucher wollten beispielsweise zum Grundbuchamt oder einfach nur Unterlagen an den zuständigen Gerichten abgeben, betont Alfred Reichert, Direktor des Amtsgerichts Sonthofen. Nur eine geringe Anzahl der Leute komme wegen eines Strafprozesses in das Gebäude.
Die Ausstattung der Gerichte mit mobilen Metalldetektoren begrüßt Reichert zwar, alle Besucher zu kontrollieren, sei aber dennoch nicht möglich. 'Die Geräte sind die eine Sache, die personelle Ausstattung eine andere', erklärt Reichert. Würden die Detektoren betrieben, müsste auch durchgehend ein Wachtmeister die Kontrollen überwachen.
Zwar wurde dem Amtsgericht Sonthofen gerade eine dritte Wachtmeisterstelle genehmigt, aber eine permanente Kontrolle sei für die Mitarbeiter nicht zu leisten.
Sicherheitsübung im Oktober
Sicherheit wird am Amtsgericht schon lange groß geschrieben – Nicht erst seit dem Anschlag in Dachau. 'Es ist ja in der Vergangenheit immer wieder zu vergleichbaren Taten in Gerichtssälen gekommen', unterstreicht Reichert. Erst im vergangenen Oktober wurde in Sonthofen eine Sicherheitsübung durchgeführt, um die Mitarbeiter auf mögliche Extremsituationen vorzubereiten. Simuliert wurde eine Geiselnahme.
Das Szenario: Ein Mann ist vor dem Familiengericht bei der Verhandlung um Unterhaltszahlungen für seine fünf Kinder durchgedreht und hält der Ex-Frau (die ihn verlassen hat) ein Messer an die Kehle. Während sofort das gesamte Gebäude evakuiert wird, rückt die Polizei an. Die Beamten versuchen, den Mann zu beruhigen und können ihn letztlich überwältigen (siehe Bild). Diese Übung wurde seitdem auch mit der örtlichen Polizeiinspektion ausführlich nachbesprochen. Zudem werden am Amtsgericht Sicherheitspläne in jedem Büro ausgehängt und die Standards zum Schutz der Mitarbeiter regelmäßig überprüft. Auch einen Sicherheitsbeauftragten gibt es.
Trotz all dieser Vorkehrungen steht für den Direktor des Amtsgerichts fest: 'Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht und wird es nie geben', sagt Reichert. 'Wir haben einen gefährlichen Beruf. Das ist uns nicht erst durch den Vorfall in Dachau bewusst geworden.' Schließlich könne man Anschläge außerhalb des Gerichtsgebäudes ohnehin nicht ausschließen.
Was den Verantwortlichen des Amtsgerichts bleibt, ist Wachsamkeit. 'Bei den geringsten Anzeichen werden Kontrollen durchgeführt', erklärt Reichert. 'Es reicht aus, wenn sich ein Angeklagter in der Vergangenheit aggressiv gezeigt hat. Wir nehmen jeden Hinweis ernst.
' Zudem werden weiterhin einmal im Jahr Sicherheitsübungen mit Polizei und Feuerwehr durchgeführt. Begleitet werden sie von der Hoffnung aller Beteiligten, dass aus den simulierten Gefahrensituationen niemals Realität wird.