Manche treten in die Fußstapfen ihrer Eltern, andere wagen ohne Vorreiter den Schritt in die Selbstständigkeit. Letztlich bergen aber beide Varianten Höhen und Tiefen für Nachwuchsunternehmer. In einer neuen Serie mit dem Titel "Junge Chefs" wollen wir in loser Folge Frauen und Männer vorstellen, die bereits früh Verantwortung für eine Firma und deren Mitarbeiter übernommen haben.
Woringen Nach Schule und kaufmännischer Ausbildung wollte sie die Welt erobern. Im Ausland arbeitete die sportliche Frau als Animateurin, betreute Reisegruppen, fungierte als Sportlehrerin und verkaufte Fitnessgeräte. Sie lernte dabei schnell, wie Probleme zu lösen sind und wie man unzufriedene Kunden wieder in zufriedene verwandelt. Auch bemerkte sie, dass ihr der Umgang mit Menschen und das Verkaufen Freude bereitet. So war es vor neun Jahren nicht verwunderlich, dass der elterliche Ruf, sich doch in der eigenen Firma einzubringen, offene Ohren fand. Heute leitet Nicole Moraru mit ihrem Vater die WIMO-Hebetechnik in Woringen.
Väterliches Vertrauen
Die 37-Jährige hat den Geruch von Schweißdämpfen und frischen Lackierungen, die Töne von Hämmern und laufenden Maschinen von Kindheit an erlebt. Doch für die Position einer Geschäftsführerin reichten ihre kaufmännischen Kenntnisse nicht aus. So qualifizierte sich Nicole Moraru zur Führungskraft. "Und dabei stand nicht das Gewinnstreben im Vordergrund, sondern der Mensch", erzählt sie und betont: "Das Schwierigste als Führungskraft ist das Finden von geeignetem Personal und die Menschenführung - vor allem in Veränderungsprozessen." Sie ließ sich von Fachleuten coachen, nutzte Weiterbildungsangebote und installierte einen Beirat aus Firmen-Externen. Sie lernte den Umgang mit modernen Medien und die Anwendung von Controlling. Neben der Theorie sammelte Nicole Moraru täglich praktische Erfahrungen im Betrieb.
Ihr Vater, der die Firma aufgebaut hatte, legte Vertrauen in sie und übertrug ihr die Geschäftsführung.
In der Woringer Werkshalle schneiden Nicole Morarus "starke Männer", wie sie sagt, aus dicken Metallplatten schwere Teile für Greifzangen, mit denen man noch schwerere Papier- oder Metallrollen heben und transportieren kann. "Meine Jungs haben es drauf", unterstreicht sie bei einem Gang durch die Produktion, und man spürt, dass die Arbeiter sie als Chefin akzeptieren. Schließlich besitzt die Geschäftsführerin das nötige Fachwissen über die produzierten Maschinen.
Wie wichtig ihr die Mitarbeiter sind, zeigt sich beispielsweise in dem Satz: "Es gibt keine wichtige Entscheidung, bei der nicht alle Betroffenen im Betrieb mit einbezogen werden." Zugleich betont sie, dass ein guter Mitarbeiterstamm gepflegt werden müsse und erzählt von gemeinsamen Festen, Ausflügen und Arbeitsmethoden, bei denen Wissen und Können des Personals wertschätzend behandelt werden. Ihre drei wichtigsten Ziele formuliert Nicole Moraru klar: Erstens will sie in jedes Land der Erde eines ihrer Produkte liefern. Zweitens möchte sie Menschen dazu motivieren, mehr zu erreichen, als sie selbst für möglich gehalten haben. Und dann hat sie vor, das Erwirtschaftete mit anderen zu teilen.
Wenn Nicole Moraru der Kopf zu arg brummt, schwingt sie sich auf ihr Fahrrad und strampelt einige Kilometer durch die Allgäuer Landschaft: "Das macht den Kopf wieder frei."
Bei rund 60 Prozent Exportanteil spürt Moraru natürlich auch die Wirtschaftskrise. Aber ihr Blick geht nach vorn - und Erweiterungspläne liegen bei ihr bereits in der Schublade.