Die Geschäftsidee heißt im schönsten Betriebswirtschafts-Jargon "Coworking Space". Dahinter verbirgt sich jedoch - was im Allgäu ja naheliegend wäre - nicht irgendetwas rund um die Kuh. Es handelt sich auch nicht um den Ableger einer Raumstation. Wobei das Ganze schon viel mit Raum und Zeit zu tun hat. Coworking ist eine flexible Arbeitsform. Dabei können sich Interessierte tage-, wochen- oder monatsweise einen Arbeitsplatz mieten. In Großstädten gibt es diese "Zusammenarbeit" (wenn man "Coworking" wörtlich übersetzt) schon seit einiger Zeit. In Kempten hat jetzt der erste Coworking Space Bayerns in einem ländlichen Raum eröffnet. Space bedeutet in diesem Zusammenhang nicht Weltraum, sondern einfach Platz oder Treffpunkt.
Betreiber des Coworking Space in einem renovierten Altbau im Ankergässele direkt an der Iller ist das Ehepaar Frederik und Martina Littschwager, 31 und 32 Jahre alt. Bei der Eröffnung erzählte Frederik Littschwager - ein gelernter Betriebswirt und Demografie-Berater - von seinem Schlüsselerlebnis aus dem vergangenen Jahr. Einer seiner Kunden hatte sich kurzfristig zu einem Besuch angemeldet. Littschwager empfing ihn in Ermangelung von Büro-Räumen zu Hause. Privates und Berufliches zu vermischen, habe ihn jedoch genervt.
Ein Schlüsselerlebnis
Da kam Littschwager die Idee, das Coworking-Prinzip, das er aus Berlin oder Köln kannte, auch in Kempten zu probieren. Er mietete das Haus in der Altstadt an und richtete 18 Arbeitsplätze ein - vom Großraumbüro über speziell abgetrennte Telefonplätze mit Schallschutz bis zu Einzelbüros. Dazu gibt es einen Besprechungsraum und einen Vortragsraum für bis zu 50 Personen. Ein Gewölbekeller mit Sitzecken zum Ratschen und eine Küche vervollständigen das Angebot.
Nutzen können den Coworking Space Existenzgründer, Freiberufler, Kleinunternehmer, Projektnomaden (die nur für eine bestimmte Zeit in der Region arbeiten) - also alle, die keinen oder noch keinen festen Arbeitsplatz haben oder überhaupt einen wollen. Bei 15 Euro Tagesmiete oder 230 Euro für einen Monat kommt Coworking in der Regel billiger, als sich selbst für eine kurze Zeit ein Büro zu mieten.
Im Kemptener Coworking Space, der sich "Freiraum 87" nennt (siehe Info-Kasten), wird die grundlegende Infrastruktur eines Büros gestellt: höhenverstellbare Schreibtische, ergonomische Stühle, Telefon, leistungsstarkes Internet, Drucker. Die Mieter müssen eigentlich nur ihren Laptop mitbringen.
Knüpfen von Kontakten
Wichtig ist den Littschwagers auch das Networking, also das Knüpfen beruflicher und sozialer Kontakte untereinander. "Als Einzelkämpfer tun sich viele schwer. Bei uns besteht dagegen die Möglichkeit, sich gegenseitig Tipps zu geben", sagt Frederik Littschwager.