Fleißige Nachtschwärmer gibt es viele beim Füssener Blatt. Doch nur wenige können mit Franz Rieder mithalten: Seit sage und schreibe 45 Jahren sorgt der 59-jährige Lagerist dafür, dass die Leser der Allgäuer Zeitung in Seeg jede Ausgabe pünktlich im Haus haben. Gemessen an den Dienstjahren rangiert er damit auf Platz zwei im südlichen Ostallgäu. Für Ingmar Beutel, den örtlichen Zustellverantwortlichen, sowie Markus Raffler, Leiter der Lokalredaktion Füssen, Grund genug, Rieder für sein außergewöhnliches Engagement herzlich zu danken. Denn Mitarbeiter dieser Güte könne man sich nur wünschen.
'Für mich ist es ein tolles Hobby und ein toller Nebenjob', erzählt Rieder. Schon als 14-jähriger Bub hat er die Heimatzeitung ausgetragen. Seitdem ist er der AZ als Zusteller treu geblieben: 'Wir hatten kein Geld und jeder Pfennig wurde gebraucht', erinnert er sich an die ersten Zustelljahre. 50 Mark verdiente er damals im Monat und musste auch noch am Monatsende das Zeitungsgeld kassieren.
Geld in Füssen abliefern
'Das Schöne daran war: Ich durfte einmal im Monat mit der Bahn nach Füssen fahren, um das Geld abzuliefern. In die Stadt zu kommen, war immer aufregend und außerdem konnte ich mir von einem kleinen Teil des verdienten Geldes etwas kaufen.
' Heute, nach der langen Zeit, sagt er zufrieden: 'Es ist schön, eine Aufgabe zu haben und die Wertschätzung der Leute zu spüren. Besonders in der Weihnachtszeit ist es einfach wunderbar, was mir geschrieben wird.'
Bereits um 3.30 Uhr in der Früh klingeln zwei Wecker den 59-Jährigen aus dem Schlaf. Zwei Wecker deshalb: 'Ich könnte im Halbschlaf dem ersten Wecker eine verpasst haben, verschlafen darf ich aber auf keinen Fall.' Wichtig ist es ihm außerdem, die Zeitung vor dem Zustellen selbst gelesen zu haben. 'Diese Zeit nehme ich mir', so Rieder. Schwärmerisch erzählt er weiter: 'Jeden Morgen genieße ich die herrliche Natur auf meinen Wegen, etwa am Aufmberg. Ich sehe den roten Feuerball aufgehen und die herrliche Natur, was die meisten verschlafen.
' Im Sommer steht er sogar noch früher auf, um durch den Schwaltenweiher zu schwimmen. 'Dann fühle ich mich topfit für den Tag.' Kein Wunder, dass der Vater dreier Kinder die Heimatzeitung noch viele Jahre austragen will.
50 Länder bereist
Ein weiteres Hobby Rieders ist das Reisen. 50 Länder hat er inzwischen bereist – nur Australien fehlt ihm noch als Kontinent in seiner 'Sammlung'. Auch viele Wallfahrtsorte hat der gläubige Katholik besucht. Wobei ihm in Ghana zwei besondere Ereignisse widerfuhren: Bei einer Fahrt durch den Urwald begegnete ihm ein Bub, der auf einem Auge blind war. Rieder erfuhr, dass das Auge zwar durch eine Operation gerettet werden könnte, die Familie aber dafür kein Geld habe.
Spontan entschloss er sich an Ort und Stelle, die Kosten der OP zu übernehmen. Noch heute hat er zu dieser Familie Kontakt, denn der Bub kann wieder sehen und die Dankbarkeit für die Hilfe ist groß.
Auch einen Brunnen finanzierte er für ein Dorf in Ghana, nachdem er erfahren hatte, dass die Frauen dort fünf Kilometer laufen mussten, um Wasser zu holen. Zu seiner Freude erhielt er von den Dorfbewohnern nach einiger Zeit ein Foto des neuen Brunnens, auf dem stand: 'Gespendet von Franz und Manuela Rieder'. Der 59-Jährige ist sicher: 'Irgendwann werde ich diesen Brunnen in echt sehen.'