Mit dem zweiten Preis des ADAC Tourismuspreises Bayern 2012 wurde, wie berichtet, Bad Hindelang ausgezeichnet: Als touristisches Vorbildprojekt würdigt der ADAC die konsequente Ausrichtung der Gemeinde auf die Bedürfnisse von Allergikern. Vorausgegangen war die Zertifizierung der Kommune als allergikerfreundliche Gemeinde durch die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF). Dessen Leiter, der Allergologe Prof. Dr. Torsten Zuberbier, war in Bad Hindelang zu Gast und sprach mit der Heimatzeitung.
Herr Professor Dr. Zuberbier, welche Zwischenbilanz ziehen Sie rund ein halbes Jahr nach der Zertifizierung Bad Hindelangs?
Zuberbier: Ich bin begeistert, mit welch’ großem Engagement die Idee der allergikerfreundlichen Kommune in Bad Hindelang umgesetzt wurde. In kürzester Zeit wurde ein großes und vielfältiges Angebot geschaffen: Hotels, Ferienwohnungen, Lebensmittelgeschäfte, Bäckereien, Metzgereien und sogar ein Schmuckgeschäft sind dabei. Und dass die Anzahl der allergikerfreundlichen Angebote seit Mai noch um fast 15 Prozent zugenommen hat, ist eine positive Tendenz, die uns optimistisch in die Zukunft blicken lässt.
Bad Hindelang ist für zwei Jahre im Programm. Wie geht es danach weiter?
Zuberbier: Die Europäische Stiftung für Allergieforschung vergibt das ECARF-Qualitätssiegel zunächst für zwei Jahre. Danach wird die Gültigkeit um weitere zwei Jahre verlängert, wenn der Siegelnehmer das beantragt und bestätigt, dass sich seit der Erstzertifizierung nichts verändert hat. Wir gehen davon aus, dass auch Bad Hindelang diesen Antrag stellen wird. So, wie es jetzt aussieht, wird unsererseits nichts dagegen sprechen, die Gültigkeit des Siegels als allergikerfreundliche Gemeinde zu verlängern.
Welche weiteren Entwicklungschancen sehen Sie für Bad Hindelang im Gesundheitstourismus?
Zuberbier: Bad Hindelang hat langjährige Erfahrung im Gesundheitstourismus und es bisher verstanden, dem Wandel der Zeit intelligent zu entsprechen. Jüngstes Beispiel ist die allergikerfreundliche Gemeinde, die sich ideal mit anderen Themen wie Natur und Familie verbinden lässt. Im Ausbau dieses Vernetzungsprinzips und der Angebote sehe ich weitere Potenziale für den Gesundheitstourismus in Bad Hindelang.
Ist der Leitfaden für Kommunen bereits fertig?
Zuberbier: Nein, daran arbeiten wir noch bis Ende nächsten Jahres. Wie bei fast allen unseren Projekten verbindet unsere Stiftung Wissenschaft mit der Alltagspraxis. Soll heißen: Erst einmal untersuchen wir die Zertifizierung Bad Hindelangs und die sich daran knüpfende Fragestellungen wissenschaftlich.
Danach bringen wir die Ergebnisse in allgemein verständlicher Weise in den Alltag zurück – in dem Fall als Leitfaden.
Gibt es weitere Orte, die sich allergikerfreundlich aufs Briefpapier schreiben wollen, und die sich bei der ECARF beworben haben?
Zuberbier: Ja, die gibt es. Die Zertifizierung Bad Hindelangs als allergikerfreundliche Gemeinde hatte Signalwirkung auf andere Kommunen. Im Dezember werden wir fünf Kommunen im Schwarzwald als allergikerfreundlich auszeichnen.
Interview: Klaus Kiesel
Prof. Dr. Torsten Zuberbier leitet das Allergie-Centrum an der Berliner Charité und ist Leiter der Europäischen Stiftung für Allergienforschung.