Walter Altmannshofer (59) sitzt vor einem Bildschirm und klickt auf seine Maus. Aus einem versteckten Lautsprecher ertönt eine Stimme: 'Einsteigen bitte.' Die Türen klappen zu, ein schriller Pfiff ertönt – und der lange Tross aus Lokomotive und Waggons setzt sich gemächlich in Bewegung.
Ein Lächeln huscht über das Gesicht des Roßhaupteners: Wenn die Züge im Miniaturformat durch die künstlich modellierte Landschaft unter dem Füssener Jugendtreff rauschen, ist Altmannshofer in seinem Element. Auch bei Eckhard Pirsig (73) steht die Modelleisenbahn hoch im Kurs. Dabei hat die moderne Zeit auch in diesem Bereich Einzug gehalten, ergänzt Computer-Technik mehr und mehr die blanke Mechanik und simple Elektronik früherer Jahrzehnte. 'Die Digitalisierung ist eine tolle Sache', erzählt der zweite Vorsitzende des Modelleisenbahnclubs Ostallgäu-Außerfern, der in der Von-Freyberg-Straße am Kreisverkehr sein Domizil hat. Sie ermögliche es beispielsweise, dass sich Türen von Eisenbahnen im Miniaturformat per Computer öffnen und schließen lassen. Das und mehr können Besucher bei der jährlichen Ausstellung des Clubs am 6. und 7. Januar erleben.
Im Vergleich zum Vorjahr ist dort eine kleine Neuheit zu sehen: 'Wir zeigen eine Lokomotive, die quietscht, wenn sie in die Kurven fährt', erzählt Bruno Kattler (68). Zu beobachten sind auch die Fortschritte an der großen HO-Anlage, die zur Zeit noch im Bau ist. 'Die Technik ist fertig, nun basteln wir am Gelände', berichtet Walter Altmannshofer. Diese HO-Strecke ist die längste der drei – und sie ist das Prunkstück des Clubs. 'Aus technischer Sicht ist sie am aufwendigsten', so der 59-Jährige.
Daneben steht noch eine N-Spur. 'Bei ihr dominiert die Landschaft', erzählt der Roßhauptener. Ins Auge sticht vor allem eine Brücke, über die die kleinen Züge eine tiefe Schlucht überwinden. 'Ein Clubmitglied hat sie selbst gelötet. Bis sie fertig war, verging fast ein halbes Jahr', erzählt Eckhard Pirsig mit sichtlichem Stolz.
Platz gefunden hat auch eine Anlage, die ehemals im Füssener Festspielhaus stand. 'Sie war von der Firma Märklin für das erste Ludwig-Musical gesponsert worden', berichtet Pirsig. Nach der Pleite landete das schmucke Stück beim Eisenbahnclub, der seit 1977 besteht.
Seither dreht der Königszug – er hat einen Wert von 2000 Euro – seine Kreise um die drei Modelle der Schlösser Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee.
Mit den drei Anlagen hofft der Verein bei der Ausstellung insbesondere den Nachwuchs für das 'alte Eisen' zu begeistern. 'Denn daran mangelt es uns', bedauert Eckhard Pirsig. 30 Mitglieder zähle der Club im Moment. 'Einer ist zehn Jahre alt,' die meisten seien aber im gesetzten Alter, so der 73-jährige Füssener. Das habe mehrere Gründe: 'Zum einen ist eine Modelleisenbahn kein billiges Hobby', erläutert Bruno Kattler. Vor allem aber sei die Faszination der Kinder für Technik nicht mehr so groß wie früher, ergänzt Altmannshofer.
Nach Meinung Pirsigs hat das einen einfachen Grund: 'Die neuen Medien haben ein hohes Ablenkungspotenzial.' Und mancher Hersteller habe zu spät auf die Digitalisierung reagiert.
Doch woher kommt die Leidenschaft für die filigrane Technik? Pirsig hatte sie schon von Berufs wegen: Er arbeitete als Kraftfahrzeugmeister und ist ein begeisterter Fan der Miniaturzüge. Genauso Elektroingenieur Altmannshofer. Der Hauptgrund, warum Pirsig seit vielen Jahren jede Woche etliche Stunden an den Anlagen im Vereinsheim verbringt, sei aber ein anderer, wie er augenzwinkernd verrät: 'Man kann sich richtig austoben' und habe kein schlechtes Gewissen, wenn zu Hause beim Streckenbau Dreck entsteht.