Sowohl Betriebsrat als auch der vorläufige Insolvenzverwalter sehen gute Chancen, den zahlungsunfähigen Automobilzulieferer "Angell-Demmel Europe GmbH" (Lindau und Kennelbach) zu sanieren und die Arbeitsplätze zu erhalten. Betriebsrat und Gewerkschaft erheben den Vorwurf, dass unter dem neuen Eigentümer, der vor einem Jahr eingestiegenen Sellner Group, das "Management versagt" hat. Mittlerweile ist ein Teil des früheren Managements wieder im Betrieb.
"Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen sein Augenmerk ausschließlich auf die Stückzahl statt auf die Qualität der Produkte richtet, denn nur Qualität verkauft sich gut", sagt Gerhard Stelzer, der für Lindau zuständige Gewerkschaftsfunktionär der IG Metall. Dass damit auf Dauer die hohen Qualitätsansprüche der Automobilindustrie nicht mehr erfüllt werden können, darauf habe "der Betriebsrat die Verantwortlichen bereits seit Monaten aufmerksam gemacht", kritisiert dessen Vorsitzender Muzaffer Bilkoc. Doch alle Hinweise seien "beharrlich ignoriert" worden.
Die eingesetzten Leiharbeiter - ihr Anteil beträgt in Lindau rund 30 Prozent, am Standort Kennelbach (Vorarlberg) bis zu 70 Prozent - treffe keine unmittelbare Schuld, sagt Bilkoc, sie seien "ungenügend, in manchen Fällen gar nicht eingearbeitet, beziehungsweise geschult" worden.
Tatsächlich wurden beim Insolvenzantrag, den das Unternehmen am 2. September eingebracht hatte, als Hauptursache für die "anhaltend operativen Verluste" die "erheblichen Ausschussquoten in der Produktion" genannt, die ihrerseits vor allem durch den Einsatz von Leiharbeitern zustandegekommen seien.
Betriebsrat und Gewerkschaft sind dennoch "sehr zuversichtlich, dass zumindest alle Stammarbeitsplätze erhalten werden können". Dafür sprächen die "sehr gute Auftragslage" und die "herausragende Marktposition". Auch die Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter laufe sehr gut, erklärt Bilkoc.
Insolvenzverwalter Dr. Marco Liebler bestätigt in einer Presseinformation die Einschätzung der Arbeitnehmervertreter: Es bestehen "grundsätzlich Chancen auf Weiterführung des Geschäftsbetriebes". Die großen Automobilhersteller als wichtigste Kunden hätten "ihre Unterstützung zugesagt". Im Vordergrund stehe, den Geschäftsbetrieb "zu sichern, um bei der aktuell guten Auftragslage "pünktlich und vertragsgerecht" liefern zu können. Derzeit läuft der Betrieb fast normal weiter - auch samstags wird in "drei Schichten voll gearbeitet".
Mit dem früheren Geschäftsführer Rolf Tämmerich und der ehemaligen Personalchefin Katrin Theisinger sind zwei frühere Führungskräfte seit kurzem wieder im Unternehmen. Spekuliert wird darüber, ob damit ein Engagement der Altgesellschafter verbunden ist. Sie halten über eine Holding noch 40 Prozent an der "Angell-Demmel Europe GmbH", haben aber im Gegensatz zur Sellner-Gruppe keinen Einfluss auf das operative Geschäft, wie Thomas Holderried, Vorstandsvorsitzender der Scheidegger Demmel AG betont. Zu den Spekulationen wollte er sich nicht äußern. Mit der Übernahmen am 1. September 2009 durch Sellner, bzw. deren Mutter Equivest sei vereinbart worden, dass die Alteigentümer Ende 2011 die restlichen Anteile abgeben werden. (ust)