Dieser Mann benötigt keine Psychologen, Buddhisten oder Yoga-Lehrer. Dieser Mann hat Freddie Mercury. Die einstige Rockmusik-Diva der legendären Gruppe 'Queen', so formuliert es unser Mann, von dem an dieser Stelle ein Porträt gezeichnet werden soll, habe ihm dazu verholfen, 'meine wahre Bestimmung im Leben zu finden'. Ein Mann ist auf der Suche nach der inneren Mitte längst angekommen. Sein Name: Gary Mullen. Sein Alter: 38 Jahre. Seine Bestimmung: Er steht weltweit auf der Bühne und gibt den exzentrischen Freddie Mercury, der im November 1991 mit nur 45 Jahren an einer Lungenentzündung starb. Mullen lässt im Rahmen der Show 'One Night Of Queen' schon Mal die Hüllen fallen, zumindest oben herum. Zum Beispiel am Sonntag, 8. Januar (20 Uhr), in der Big Box Allgäu in Kempten. Gary Mullens Aufstieg zum Bühnenstar hat ein bisschen was vom Tellerwäscher aus den USA. In seinem Leben vor Freddie Mercury verlief sein Arbeitstag wie der von Millionen von Menschen.
Am Morgen nervte in aller Hergottsfrüh der Wecker, um ihm zu signalisieren: 'He Mann, aufstehen! Du wirst in deiner Firma gebraucht, um Computer zu verkaufen.' Arbeitsbeginn, wenn es draußen noch dunkel ist, Mittagspause, Feierabend am späten Nachmittag. Jeden Tag das gleiche Spiel. Same procedure
Gewiss, in dieser Zeit hatte der Computer-Fachmann Mullen schon den Queen-Maestro Freddie Mercury fest im Blick. Aber eben nur als ganz normaler Fan im Blick. Und ins Herz geschlossen. 'Ein Stück wie Bohemian Rhapsody', gesteht er, 'hat mich dermaßen weggeblasen, weil es ganz anders war als alles, das im Radio lief.' Freddie wohnte quasi bei ihm zu Hause – auf zahlreichen Queen-Postern, mit denen er schon als Kind die Wände seines Zimmers zugepflastert hatte.
Was Gary Mullen schon früh auffiel: Stimmte er in bester Laune in einer Kneipe aus dem Stegreif ein Lied von Freddie Mercury an, musste er sich danach über die Rechnung seiner Getränke keine Gedanken mehr machen. Die anderen Gäste waren derart beeindruckt von seiner Sanges- und Imitationskunst, dass sie spontan zum Geldbeutel griffen.
Als schließlich Mullens Ehefrau und auch seine Mutter ihn drängten, an einer TV-Castingshow teilzunehmen und in die Rolle von Freddie zu schlüpfen, war er bereits auf halbem Weg zu seinem neuen Leben. Gary Mullen triumphierte bei dieser Show und gewann mit großem Abstand auf Platz zwei. Mullens Kommentar danach: 'Jetzt ist mir klar, dass ich meine wahre Bestimmung gefunden habe.'
Mit vier Musikern stellte er nach seinem Fernseh-Sieg die Formation 'Gary Mullen & The Works auf die Beine' und verkündete zudem: 'Eigentlich konnte ich Computer nie ausstehen.'
'Er bleibt unerreicht'
Gary Mullen war plötzlich Musiker. Und Freddie Mercury. Wobei er zu seinem Idol eine ganz eigene Einstellung hat. 'Er bleibt', stellt Mullen klar, 'ein unerreichtes Original.' Er, der ehemalige Computer-Verkäufer, wolle diesen Helden an der Gitarre lediglich ein bisschen imitieren und an ihn erinnern. Nicht mehr und nicht weniger. Obgleich dieser Mullen inzwischen selbst eine riesige Fangemeinde und Autogrammkarten besitzt.
Doch eines würde für den dreifachen Familienvater niemals infrage kommen: Sich zusammen mit den einstigen Queen-Musikern Brian May und Roger Taylor als Mercury auf die Bühne zu stellen.
'Diesen Stiefel', sagt er, und das mit Nachdruck, 'möchte ich mir auf keinen Fall anziehen. Ich könnte dabei nur ganz erbärmlich scheitern.' Was ihm als Mister Mercury in seiner Cover-Band bislang nie passiert ist. Ganz im Gegenteil.