Sie haben in Fabrikhallen oder auf der blanken Erde geschlafen, in Flüssen gebadet und sich Plastiksäcke über die Füße gestülpt, um dem Regen zu trotzen: Manuel Schmid (19 Jahre) und Andreas Pfadler (20).
Das heißt aber nicht, dass die beiden Memminger Freunde verrückt oder obdachlos wären. Der Abiturient (Schmid) und der Schüler (Pfadler) hatten sich nur etwas ganz Besonderes ausgedacht: mit dem Fahrrad an die Südspitze der Iberischen Halbinsel zu fahren. Nach Gibraltar. Dort, wo Europa und Afrika sich fast berühren.
Als Startpunkt wählten Schmid und Pfadler das drei Autostunden von Memmingen entfernte Basel am Dreiländereck Schweiz/Deutschland/Frankreich, das sie bereits im Vorjahr auf dem Sattel ihrer Mountainbikes erkundet hatten. Von dort errechnete der Routenplaner 2300 Kilometer bis nach Gibraltar, dem britischen Hoheitsgebiet im Südwesten Spaniens.
'Kein Ende in Sicht'
'Wir haben uns gedacht: Wenn wir das schaffen, können wir alles erreichen', erzählen die ehemaligen Pfadfinder jetzt in der Redaktion der Memminger Zeitung – braun gebrannt und ausgelassen.
Auf ihrer dreizehntägigen Extremtour mit durchschnittlich 170 gefahrenen Kilometern pro Tag waren sie nicht immer so entspannt: 'Strömender Regen. Kein Ende in Sicht. Du bist nass, frierst. Und das Einzige, das auf Dich wartet, ist eine kalte Nacht im dünnen Schlafsack', erinnert sich Schmid. An diesem Punkt wäre der 19-Jährige am liebsten ab in den Zug und zurück nach Hause.
Warum sie sich kein Hotelzimmer mit warmem Bett und heißer Dusche gönnten, erklären sie wie folgt: 'Um unser Ziel zu erreichen, stiegen wir manchmal erst nachts um eins von den Rädern. Da wär’ es schwierig gewesen, noch eine Unterkunft zu finden', erzählt Pfadler. Den 20-Jährigen hatte der Mut an einem Pyrenäen-Pass verlassen: 'Das war das Gegenteil der verregneten Anfangstage: 42 Grad, staubiger Wind. Tausend Höhenmeter in der Hitze. Stundenlang im ersten Gang den Berg hinauf. Die Schleimhäute werden trocken. Die Augen tränen, und Du hast das Gefühl, mehr auf dem Fleck zu stehen als zu fahren.'
Abends, nach zehn Stunden im Sattel, warteten auf die beiden Freunde 'Dosenfutter' und Käsebaguettes aus dem Supermarkt. Und als Nachtisch gab’s Schmerzen vom Feinsten – gratis: 'Die Achillessehne schwillt an. Die Knie tun weh. Das Kreuz. Die Handgelenke. Und die Finger schlafen ein, vom Lenkradheben.' Aber das hielt die Memminger nicht davon ab, weiter zu fahren, immer weiter.
Die Belohnung wartete in Gibraltar, auf einem Felsen vor dem offenen Meer, mit Sicht auf die afrikanische Küste: eine Sektdusche. 'Die Leute um uns herum haben gejubelt und geklatscht', erzählt Pfadler, 'ohne eigentlich zu wissen, warum.'
Wahrscheinlich hätten sie sich Entsprechendes gedacht bei zwei jungen Trikot-Trägern, die sich mit Sekt bespritzen und auf den Selbstauslöser ihrer Kamera drücken.
Die Fotos sind mittlerweile archiviert, und die Freunde haben ihr nächstes Ziel vor Augen: eine Tour durch die USA, 'wenn wir ’mal viel Zeit haben.'