Leo Hiemer hat einen Traum, den er hartnäckig verfolgt. Er möchte einen Spielfilm drehen über das Leben des Allgäu-Pioniers Carl Hirnbein (1807 - 1871). Doch das Geld für ein solches Mammutprojekt ist - derzeit zumindest - weder beim Bayerischen Fernsehen lockerzumachen, noch bei Sponsoren aufzutreiben.
Deshalb hat der Kaufbeurer Regisseur, der mit Filmen wie "Daheim sterben die Leut" und "Leni muss fort" einen gewissen Kultstatus im Allgäu erreichte, nun ein kleineres Brötchen gebacken. Er drehte einen 45-minütigen Dokumentarfilm über Hirnbein. Die 100 000 Euro, die er kostete, steuerte das Bayerische Fernsehen bei - nicht zuletzt auf Drängen von Dr. Theo Waigel (Seeg), einem Fan von Hirnbein und der Trilogie, die der Schriftsteller Peter Dörfler Mitte der 1930er Jahre über den Visiönär aus dem Oberallgäuer Missen-Wilhams schrieb. Nun ist der Film fertig. Und offenbar warten viele Allgäuer auf solch einen Streifen. Die Premiere im Immenstädter Union-Filmtheater war rappelvoll. Inzwischen gibt es aufgrund der großen Nachfrage eine Reihe weiterer Vorführungen (siehe Info-Kasten). Auch Theo Waigel hat sich ihn angeschaut und befand ihn als gelungen. "Leo Hiemer und sein Team haben die Zeitenwende, die Hirnbeim im Allgäu auslöste, gut herausgearbeitet", lobte er.
Leo Hiemer legte seinen Film als Spieldokumentation an und engagierte dafür den Unterallgäuer Kabarettisten und Schauspieler Maxi Schafroth (25). Dieser begibt sich - etwas kurios - in seinem roten Porsche älteren Baujahrs und mit amerikanischem Kennzeichen auf Spurensuche.
Er fährt durchs wunderschön in Szene gesetzte Allgäu, steuert den Hirnbein-Bauernhof in Wilhams an, das Hirnbein-Museum in Missen, besucht den Friedhof sowie die Nachfahren in Weitnau und wandert zum Grüntenhaus hoch, das Hirnbein Mitte der 1850er Jahre erbauen ließ, um den Tourismus im Allgäu anzukurbeln. Dort hilft er beim Käsen - und lässt sich den würzigen Romadour auftischen, jenen Käse, den Hirnbein einst im Allgäu einführte.
Nebenbei liest Schafroth in Dörflers Hirnbein-Romanen. Aus dem Off rezitiert der Schauspieler Jochen Striebeck mit fesselnder Stimme Passagen, die Hirnbein charakterisieren.
Gute Laiendarsteller
Schafroths Spurensuche ist Stärke und Schwäche des Film zugleich. Der junge, sympathische Kerl will mehr wissen, trifft Hirnbein-Experten und ganz normale Leute, stellt Fragen und erhält Antworten zum "Notwender" und "Alpkönig". Das gerät zur recht lebendigen Geschichtsstunde - zumal sich Schafroths Gesprächspartner als Laiendarsteller gar nicht schlecht machen. Die Zuschauer bekommen einen guten Überblick über das Leben und Wirken des findigen Ökonomen und weitsichtigen Touristikers.
Allerdings fördert diese filmischen Spotlicht-Methode wenig Neues zutage. Und mit ihr lässt sich nicht in die Tiefe gehen. Weder wird die durchaus schillernde Person Carl Hirnbein genau ausgeleuchtet, noch werden die ökonomischen und politischen Verhältnisse seiner Zeit analysiert.
Dabei gäbe es genug Ansatzpunkte. Immerhin wurde der beinharte Geschäftsmann und Großgrundbesitzer bisweilen von seinen Landsleuten heftig angefeindet. Andererseits war er ein liberaler Geist, Königsgegner und Verfechter der Revolution von 1848.
Offenbar hat Regisseur Leo Hiemer, der inzwischen zum glühenden Hirnbein-Forscher geworden ist, dies erkannt. Jedenfalls will er immer dann, wenn er seinen Film in den nächsten Tagen und Wochen öffentlich vorführt, den Zuschauern in einer Power-Point-Präsentation zusätzliche Informationen mitgeben.
"Schauen uns das an"
Ob Hiemer und Waigel ihrem Ziel, einen abendfüllenden oder gar dreiteiligen Kinofilm aus dem Hirnbein-Stoff zu machen, mit dieser Doku einen Schritt näher gekommen sind, lässt sich (noch) nicht sagen. Zwar war auch Andreas Bönte, der beim Bayerischen Fernsehen für die Programmentwicklung zuständig ist, zur Premiere nach Immenstadt angereist. Doch ließ er sich auf Nachfrage unserer Zeitung nicht mehr entlocken, als dass nach wie vor Geld für ein solches Projekt fehle. Allerdings versprach er auch: "Wir schauen uns das genau an."