Mit den Spätfolgen einer Zwangsversteigerung musste sich jetzt das Kaufbeurer Amtsgericht befassen. Einem mittlerweile getrennt lebenden Eheleuten aus dem Raum Marktoberdorf wurde vom neuen Besitzer ihres zwangsversteigerten Anwesens vorgeworfen, im Mai 2009 am Vorabend der Zwangsräumung in einer Nacht- und Nebelaktion die Küche abgebaut und abtransportiert zu haben – obwohl der Käufer und sein Anwalt schriftlich darauf gepocht hatten, dass diese als Teil der Immobilie im Haus zu verbleiben habe. Der 50-Jährige erstattete Anzeige wegen Unterschlagung und monierte dabei auch, dass das Ehepaar bei der Räumung auch ein Gewächshaus mitgenommen habe. Dieses sei Bestandteil des Grundstücks gewesen und hätte deshalb ebenfalls an Ort und Stelle verbleiben müssen. Die Richterin bewertete die Rechtslage jetzt in beiden Fällen anders und sprach die Angeklagten frei.
Was das Gewächshaus anging, war der Sachverhalt für die Vorsitzende eindeutig. Die gläsernen Elemente waren laut Aussage des mit der Zwangsräumung betrauten Gerichtsvollziehers damals leicht abbaubar und damit seiner Ansicht nach kein Bestandteil des Grundstücks.
Er habe in der Mitnahme der im Übrigen bereits stark verwitterten Elemente 'kein Problem gesehen', erinnerte sich der Zeuge. Für den Verteidiger war die Situation damit klar: 'Wenn das ein geschulter Obergerichtsvollzieher sagt, kann man von Laien nicht erwarten, dass sie das anders sehen.' Auch die Richterin verwies im Urteil darauf, dass der Gerichtsvollzieher damals samt Polizei vor Ort war und den Abbau bei einer anderen Einschätzung der Lage 'lässig hätte verhindern können.'
Nicht wesentlicher Bestandteil des Hauses
Auch in Sachen Küche schloss sich die Vorsitzende der Sicht der Verteidigung an. Anders als der Staatsanwalt, für den die 'nach Maß angepasste, relativ hochpreisige Küche' ein Teil der Immobilie war, handelte sich für den Anwalt des Angeklagten um keine echte Einbauküche und somit auch um keinen wesentlichen Bestandteil des Hauses. Zwar seien die Hängeschränke mit der Wand verschraubt gewesen. Diese hätten sich anders aber gar nicht befestigen lassen, betonte der Verteidiger.
Schrankmodule leicht an anderer Stelle wieder aufzubauen
Für ihn war entscheidend, dass es sich bei allen Schränken um Module gehandelt habe, die man leicht habe abbauen und anderswo ebenso leicht wieder habe aufbauen können. Zwar sei die allgemeine Rechtsprechung in derartigen Fällen 'überaus uneins'. Jedoch werde in Süddeutschland – anders als im Norden der Bundesrepublik – eine Küche im Normalfall nicht als Bestandteil des Gebäudes betrachtet.
Auch die Richterin am Kaufbeurer Amtsgericht war im Urteil der Ansicht, dass es im vorliegenden Fall an Besonderheiten fehle, wie beispielweise an Maßarbeiten in einer Dachschräge oder dem Einbau in einer Nische.