Schon im August 2010 trennten sich die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren von ihrer damaligen Vorstandschefin Dr. Susanne Schlichtner. Doch noch heute beschäftigt die damals erfolgte fristlose Kündigung die Justiz. Nun erzielte die Managerin einen weiteren Teilerfolg. Die Kliniken scheiterten nämlich mit einer Berufung am Oberlandesgericht München. Es legt den Verantwortlichen nahe, die Berufung zurückzuziehen, da sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Das Oberlandesgericht bestätigt damit sozusagen das Urteil des Landgerichts Kempten vom November 2011. Demnach war die fristlose Kündigung nicht angemessen. Die Kliniken müssen Schlichtner, die 2009 mit einem Fünf-Jahresvertrag eingestellt worden war, weiterhin Gehalt bezahlen.
Die juristische Auseinandersetzung ist kompliziert. Nach der fristlosen Kündigung klagte Schlichtner. Ihr Anwalt, Dr. Hans-Georg Meier aus Berlin, wählte dafür einen sogenannten Urkundenprozess, bei dem keine Zeugen befragt werden dürfen, und hatte Erfolg. Das Landgericht verurteilte das Kommunalunternehmen dazu, Schlichtner zunächst bis Juli 2011 ihr volles Gehalt weiterzubezahlen. Konkret soll sie gute 150 000 Euro plus Zinsen erhalten.
Ausschlaggebend dafür war, dass Richter Sebastian Pitz zwei Kündigungsgründe als nicht ausreichend erachtete: die nicht fristgerechte Vorlage des Jahresabschlusses 2009 und das Anfertigen von Kopien durch Schlichtner für ihre Unterlagen. Dies wollten die Kliniken vom Oberlandesgericht überprüfen lassen. Doch der dortige 14. Zivilsenat kam im Prinzip zum gleichen Ergebnis wie das Landgericht und wies die Kliniken nun darauf hin, 'dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat'.
Und weiter: 'Das Erstgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass im Urkundenprozess kein ausreichender Grund für eine fristlose Kündigung nachgewiesen werden konnte.' Um Gerichtskosten zu sparen, könnten die Kliniken ihre Berufung jetzt noch zurückziehen. Das Kommunalunternehmen hat darüber laut Ralf Kinkel vom Landratsamt noch nicht endgültig entschieden. Es fänden noch Gespräche mit dem Rechtsanwalt statt. Der deutliche Hinweis des Oberlandesgerichts dürfte aber nicht ungehört bleiben. Zumal sich die Kliniken ohnehin von Anfang an mehr Erfolg vom sogenannten Nachverfahren versprochen haben.
Dieses bezieht sich auf die beiden anderen Kündigungsgründe, die das Kommunalunternehmen zum Rauswurf von Schlichtner veranlasst hatten. Ihr Arbeitgeber behauptet, dass sie den Jahresabschluss 2009 mit falschen Angaben vorgelegt hat. Richter Pitz hatte im Urkundenprozess deutlich gemacht, dass er dies ohne Sachverständigengutachten nicht beurteilen könne. Eine unrichtige Bilanzierung wäre in seinen Augen durchaus ein akzeptabler Grund für eine Kündigung. Dies könne aber nur im Nachverfahren, in dem auch die Vernehmung von Zeugen und die Erstellung von Gutachten möglich sind, festgestellt werden.
Zudem geht es um die Einstellung eines Abteilungsleiters, der seinen Posten letztlich nicht angetreten hat, da er von Schlichtner angeblich mündliche Zusagen hatte, die nicht im Arbeitsvertrag vereinbart gewesen seien.
Beide Seiten hoffen auf einen Erfolg
Beide Punkte müssen nun im Nachverfahren geklärt werden. Einen Termin dafür gibt es beim Landgericht Kempten freilich noch immer nicht. Beide Seiten hoffen derweil in diesem Verfahren auf einen Erfolg. 'Der Entscheidung über die weiteren Kündigungsgründe sieht Frau Dr. Schlichtner mit Gelassenheit entgegen', erklärte ihr Anwalt gegenüber der AZ. Die Kliniken dagegen zeigen sich seit Prozessbeginn zuversichtlich, am Ende nachweisen zu können, dass die fristlose Kündigung rechtens war.
Derweil reichte Meier schon die nächste Klage beim Landgericht ein. Dabei geht es um weitere Gehaltsforderungen für seine Mandantin ab dem 1. August 2011. Da sich an den Fakten nichts geändert hat und es nur um einen neuen Zeitraum geht, wird allgemein damit gerechnet, dass Schlichtner diesen Urkundenprozess wieder gewinnt. Aber auch dafür gibt es noch keinen Verhandlungstermin.