Renate Genkel (67) war fünf Jahre lang komplett taub. "Überhaupt nichts hören, ist furchtbar. Fünf Jahre war das der Horror." Inzwischen "hört" sie wieder, aber anders - und mühsam.
Die Rentnerin aus Kempten trägt ein > (CI), eine elektronische Hörprothese. Seit 23 Jahren. Und seit knapp einem Jahrzehnt engagiert sie sich in der Selbsthilfegruppe Allgäu für Cochlear-Implant-Träger. Cochlea ist lateinisch für >, Cochlear der englische Ausdruck. Genkel war 38 Jahre alt, als sie innerhalb eines Jahres taub wurde. Vermutlich war eine Viruserkrankung daran schuld. Sie fühlte sich >, die Kinder konnten mit der Mama nicht mehr telefonieren, unter Bekannten brach sie in Tränen aus. Dann traf die gelernte Bauzeichnerin auf einen Lehrer, der ihr das > beibrachte. Vielen vielleicht besser bekannt als Lippenlesen, aber dieser Begriff ist missverständlich, sagt Genkel. Denn das Gesagte lasse sich nicht wie aus einem Buch ablesen.
Renate Genkel: > Es gebe völlig gleiche Mundbilder wie bei > und >, die Rachenlaute wie > oder > sehe man überhaupt nicht. 70 Prozent müsse sie erraten, viel Kombinationsvermögen sei vonnöten. Der Vorteil des > gegenüber der Gebärdensprache sei aber, dass man sich mit allen Menschen unterhalten könne.
1988 erfuhr Genkel von der Möglichkeit, sich eine elektronische Hörprothese implantieren zu lassen. Dabei wird eine Elektrode in die Schnecke eingeführt, die Empfangsspule hinter dem Ohr unter der Haut platziert. Über einen Magneten kann von außen die Verbindung zwischen einem kleinen Mikrofon und dem Empfänger hergestellt werden. Die Kemptnerin ließ sich operieren. Jetzt konnte sie >, aber nicht wie ein normal Hörender: > Das Ergebnis, sagt sie, sei bei jedem anders, je nach Schädigung der Höreinrichtung. Deswegen ist für sie das > weiterhin sehr wichtig.
>> Wobei es manche Leute richtig nervös mache, wenn sie so intensiv angeschaut würden, hat Genkel festgestellt. Sie lächelt ihrem Ehemann Jürgen zu, mit dem sie sich in jeder Hinsicht bestens versteht. Er hat sie von Beginn ihrer Krankheit an verständnisvoll begleitet und unterstützt. >, sagt sie.
Jürgen Genkel geht auch mit zu den Treffen der Selbsthilfegruppe, die offiziell drei Mal im Jahr stattfinden. Als Renate Genkel das erste Mal die Gruppe aufsuchte, war sie froh, auf Verständnis zu stoßen. Jetzt freut sie sich, dass sie anderen Betroffenen mit ihrem reichen Erfahrungsschatz zur Seite stehen kann. Dass sich ihre Hörbehinderung aber auch noch in anderer Hinsicht positiv ausgewirkt hat, erzählt sie gern.
Als ihre Enkeltochter zur Welt kam, sei ihre größte Sorge gewesen, dass sie mit der Oma nicht klarkomme, wenn sie mit dem Sprechen anfängt. Mit vier Jahren machte die Enkelin einen Sprachtest im Kindergarten mit. Das Ergebnis: ein dickes Lob für den großen Wortschatz und die gute Aussprache. Genkel: >