Ein Blick zweieinhalb Jahre zurück, ein Tag im Juni: In der Memminger Stadthalle haben die zahlreichen Besucher ihren prasselnden Applaus beendet und machen sich auf den Weg zum Ausgang. Gut gelaunt und wohl wissend, einen vergnüglichen Abend mit vielen Sticheleien im gesellschaftlichen und politischen Bereich erlebt zu haben. Verantwortlich dafür zeichnete ein Kabarettist, der keine Sekunde still gestanden ist auf der Bühne, der zappelte, zeterte; der den Kopf vehement schüttelte, dass man Angst haben musste, er fiele ihm womöglich herunter; der beim Sprechen eine Geschwindigkeit entwickelte, die auf deutschen Bundesstraßen verboten wäre.
Nun, nach getaner Arbeit sitzt Mathias Richling am Rand der Bühne und lässt die Beine hin und her baumeln. Er nimmt sich Zeit für die Presse. Was sofort auffällt:
Der Zappelphilipp der vergangenen zwei Stunden ist verschwunden. Richling privat ist viel ruhiger und besonnener als jener Bühnen-Richling, der sich schon während seines Studiums (Literatur-, Musik- und Theaterwissenschaft) witzige Dinge ausdachte und sie vor einem Publikum vortrug und mit 25 Jahren den Kleinkunstpreis der Stadt Mainz erhielt.
Richling analysiert an diesem späten Abend, als die Show vorüber ist, die Reaktionen der Besucher, und mit welcher Begeisterung und Genauigkeit er dies tut, macht deutlich: Ein Kabarettist muss nicht nur an den Inhalten seiner Programme feilen, sondern muss auch im Auge haben, welche Wirkung seine Pointen auslösen.
Kommt es nicht zum erhofften Lacher an einer bestimmten Stelle, muss er sich wieder im stillen Kämmerlein an den Schreibtisch setzen und umschreiben.
So ist das im Leben dieses Künstlers, der am 14. Januar (20 Uhr) im Hofgarten Immenstadt gastiert. Ohne Publikum kann er nicht existieren. Und so ist Mathias Richlings Maxime: 'Beim politischen Kabarett ist immer wichtig, dass die Leute wissen, über was sie lachen sollen. Sonst funktioniert der Witz nicht.'
Das heißt auf der einen Seite: Der Kabarettist muss nicht nur über eine entsprechend große Allgemeinbildung verfügen und stets auf dem Laufenden sein. Er muss auch ein Gespür dafür entwickeln, wie weit die neuesten politischen Informationen in die Öffentlichkeit vorgedrungen sind.
Mathias Richling, auch das wird deutlich beim Gespräch in Memmingen, will kein Comedian sein. Selbst wenn sich die Zuschauer bereits vergnügt auf die Schenkel klopfen, wenn er Politiker wie Angela Merkel, Franz Müntefering oder Edmund Stoiber nur parodiert. Egal mit welchen Worten.
'Man muss aufpassen', sagt Richling, 'dass die Leute nicht nur über Formalien lachen und dabei der Inhalt verloren geht.' Sie müssten, wünscht sich der gebürtige Waiblinger und Ur-Schwabe mit ebensolchem Dialekt, über den Text mindestens so viel lachen wie über die Figur.
Weshalb er das mit der Parodie auch nicht überreizen wolle. Beispiel Angela Merkel. Über deren Frisur, sagt Richling, und über ihre herunterhängenden Lefzen und die Hosenanzüge habe sich die Öffentlichkeit lange Zeit amüsiert.
Er hingegen, beteuert Mathias Richling, habe schon lange kein Wort alleine über die Optik der Kanzlerin verloren. 'Ich finde das ausgesprochen müßig.'
Das Leben eines Künstlers: Bei dem 58-jährigen Mathias Richling sieht das so aus, dass er zu Beginn eines Tages, gleich nach dem Frühstück, erst einmal einen Stapel mit rund zehn Tageszeitungen abarbeitet, um sich politisch und gesellschaftlich auf dem Laufenden zu halten.
Den Rest holt er sich aus dem Fernsehen und Internet. Für ihn relevante Themen und Beiträge wandern sogleich in sein inzwischen riesiges Archiv, aus dem er beim Schreiben eines neuen Programms immer wieder wichtige Informationen herauszieht.
Ruhig und besonnen und gar nicht zappelig tut er dies dann. Und schon gar nicht mit jener Geschwindigkeit, mit der er anschließend seine Programme auf der Bühne vorträgt.
Mathias Richling gastiert am Samstag, 14. Januar (20 Uhr), mit dem Programm 'Der Richling Code' im Hofgartensaal in Immenstadt. Karten im Vorverkauf für diesen Abend gibt es unter der Telefonnummer 08323/8628.