'Mein Gott, kann ich so etwas machen?', fragte sich Petra Holzmann aus Steinbach. Sie konnte, doch so mancher Betrachter war hinterher ungläubig: 'Hast die Krippe echt Du gemacht?' Sie hat, und sie hatte sogar Komplizinnen. Heute und morgen werden auf dem Stöttener Nikolausmarkt einige von Frauen gebaute Weihnachtskrippen ausgestellt.
Die 42-jährige Holzmann ist bereits Expertin im Krippenbau. Heuer hat sie im Stöttener Kurs unter Anleitung von Rudi Hübinger ihr drittes Exemplar gebastelt: An sechs Freitagnachmittagen trafen sich die Krippenbauer im Werkraum der Schule für jeweils vier Stunden. Viel Zeit, die Männer offenbar nicht haben. Denn in Stötten ist Krippenbau fast ausschließlich Frauensache.
Bettina Schmölz zimmerte ihre zweite Krippe. 'Das ist schon brutal zeitaufwendig', sagt die 36-jährige Stöttenerin. Aber der Spaß am Werkeln und das Resultat seien die viele Zeit wert. Herausgekommen sind diesmal auch zwei Wandkrippen, die sich wie ein Bild aufhängen lassen. Während Bettina Schmölz ihr Stück der Schwiegermutter schenkt, baute Petra Holzmann ihre Krippe für das eigene Wohnzimmer.
Kursleiter Hübinger hat von einigen Männern gehört, dass sie Freitagnachmittag 'noch im Geschäft sind' und deshalb nicht mitbauen könnten. Der Frauenüberschuss stört ihn aber überhaupt nicht: 'Frauen bauen Krippen nicht anders als Männer', meint Krippenbaumeister Hübinger. Der 59-Jährige hat dafür eigens einen Kurs in Kempten besucht.
Keine Auszeit von der Hausarbeit
Hübingers Einsatz wissen die Frauen zu schätzen: 'Rudi richtet das ganze Material her und wir können ihn immer fragen', lobt Schmölz den Meister. In den sechs Wochen Kurs werkeln die Krippenbauerinnen auch zuhause an ihren Stücken weiter. Eine Auszeit von der Hausarbeit ist aber nicht drin: 'Jeder will etwas zum Essen', erzählen Schmölz und Holzmann lachend.
Hausarbeitende Handwerksfrauen basteln aber doch ein bisschen anders als Männer, findet Petra Holzmann: 'Bei meinem Mann müsste es genauer gehen.' Doch gerade das Windschiefe der Krippen gefällt Bettina Schmölz: 'Dass es nicht so genau geht, ist ideal für mich.'
20 Krippen habe er schon gebaut, schätzt Hübinger. Vor zehn Jahren hat er mit den Kursen in Stötten begonnen. Verkauft hat er aber noch nicht viele seiner Krippen: 'Ich kann mich nicht von ihnen trennen.' Außerdem ist es ihm lieber, wenn die Leute ihre Krippe selbst bauen, weil sie dann einen besonderen Wert habe. 'Das liegt aber nicht jedem', meint die dritte Frau im Bunde, Gudrun Vogel (56) aus Thalhofen. 'Doch, das kann jeder lernen', ist der Meister überzeugt.
Und genau das bewies am letzten Kurstag: natürlich eine Frau. Edeltraud Simmes (64) ist nur gekommen, weil ihr Mann verhindert war. In Windeseile beklebte die Neue aber den Krippenboden mit Moos und kleinen Zweigen. Zum nächsten Kurs will sie ihren Mann vielleicht begleiten – allerdings gibt es diesen erst in zwei Jahren. Nächstes Jahr wird Rudi Hübinger 60 – und zwar gerade dann, wenn er sonst Krippen bastelt. Seinen runden Geburtstag will der Elektrotechniker dann doch nicht beim Materialsammeln und Krippenbauen feiern.