Seit wenigen Wochen ist Alexander Kühnert in seinem Traumberuf angekommen: Als Service-Techniker reist er zu den Kunden der Firma Liebherr-Aerospace. In Kanada war er schon, das London-Ticket ist gebucht und im April 2012 fliegt er nach Australien. Der Weg zu seinem Traumjob führte den 24-Jährigen über die USA. Hier sammelte er Erfahrungen und perfektionierte sein Englisch. Denn: Kühnert lebte über vier Jahre lang im US-Bundesstaat Michigan.
Kühnert ist in Sachsen geboren, in Lindenberg aufgewachsen und hat dort nach der Hauptschule auch eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei Liebherr begonnen. Nach deren Ende war ihm klar: 'Ich möchte etwas von der Welt sehen.' So bewarb er sich um eine Stelle im Liebherr-Werk in der Lindenberger Partnerstadt Saline. 'Eigentlich wollte ich nur ein Jahr dorthin', erinnert er sich. Doch machte ihm sein Arbeitgeber deutlich: Der Aufwand rund um das Arbeitsvisum ist nur bei einem dreijährigen Aufenthalt gerechtfertigt. So startete Kühnert im April 2007, wenige Tage nach seinem 20. Geburtstag, in sein USA-Abenteuer. Und dort war er vom ersten Tag an begeistert von der Kollegialität der Amerikaner: 'Sie nahmen mich trotz meines zunächst schlechten Englisch ernst.
' Mit großem Verständnis sei ihm begegnet worden. 'In Deutschland wird mit Ausländern oft anders umgegangen', zieht er einen Vergleich.
Gelebt hat Kühnert das Leben eines 'ganz normalen Amerikaners'. Der Lohn war identisch. Bei den Urlaubstagen wurde ihm ein Zugeständnis gemacht: Statt der üblichen zehn bekam er 15 pro Jahr. Auffällig war für ihn auch die Regelung rund um Krankheitstage: 'Sieben Tage pro Jahr sind ohne Lohnabzug möglich. Werden es mehr, müssen Urlaubstage geopfert werden oder man nimmt unbezahlt frei.' In den USA hat Kühnert den Beginn der Immobilien-Krise erlebt: 'Die Preise sind extrem niedrig. Es ist erstaunlich, welch großes Haus man sich dort für 100 000 Dollar jetzt kaufen kann.'
In Folge der Finanzkrise habe manch älterer Amerikaner seine auf Aktien basierende Alterssicherung verloren. 'In den Supermärkten arbeiten viele Ältere mit über 70', hat er festgestellt. Und auch einen Wandel in der politischen Stimmung hat er ausgemacht: 'Vor der Wahl 2008 fuhren viele mit Obama-Aufkleber auf dem Auto herum. Die meisten haben ihn jetzt entfernt, so dass nur noch die Umrisse auf dem Lack zu erkennen sind', sagt Kühnert. Auch der Blick der Amerikaner auf Europa wurde ihm vermittelt: 'Sie haben den Eindruck, dass wir von unseren Regierungen komplett eingeengt werden. Amerikaner wollen weniger Steuern zahlen, selbstständig bleiben und akzeptieren, dass ihnen der Staat nicht immer hilft.'
Im Alltag habe er oft nicht mehr gespürt, in einem anderen Land zu leben. Er fuhr zur Arbeit und hatte sein eigenes Apartment. Das änderte sich an freien Tagen: Da machte Kühnert Ausflüge nach Chicago, Las Vegas, New York, zu den Niagara-Fällen und auch nach Miami und San Francisco. Die Finanzen hat er dennoch zusammengehalten. Denn er hat schnell begriffen: 'In den USA kann man sehr gut leben, wenn man es richtig anstellt. Aber man auch komplett abstürzen, denn es gibt kein soziales Netz.' Begeistert vom Leben in den USA hat Kühnert 2010 sein Visum um zwei Jahre verlängert. 'Mehr wäre nicht möglich gewesen', sagt er. Und fügt hinzu: 'Aber es hat einfach perfekt gepasst. Jetzt war mein Traumjob bei Liebherr in Lindenberg frei.'