Die bayerisch-schwäbischen Unternehmen beurteilen in einer IHK-Umfrage die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes kritisch und sehen Handlungsbedarf für die kommende Bundesregierung. Nur noch „ausreichend“ ist nach Meinung der Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. „Die Corona-Krise hat schonungslos aufgedeckt, was in den Unternehmen selbst und in der Wirtschaftspolitik dringend verändert werden muss“ fasst Dr. Andreas Kopton, Präsident der IHK Schwaben, die aktuellen Ergebnisse einer IHK-Umfrage zusammen. „So geht’s nicht weiter“, lautet daher auch mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst das Urteil der regionalen Wirtschaft. Am 26. September wird der 20. Deutsche Bundestag gewählt und damit auch die Weichen der Wirtschaftspolitik neu gestellt. Im Juni haben die bayerischen Industrie- und Handelskammern daher ihr Ehrenamt befragt, nach der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes sowie den Lehren und Konsequenzen aus der Corona-Krise. Über 1.300 Unternehmen haben geantwortet, davon elf Prozent aus Bayerisch-Schwaben.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland verliert an Boden
„Die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland wird von den Unternehmen zunehmen kritisch gesehen. Über verschiedene Merkmale hinweg schafft Deutschland nur noch eine Vier“, bringt Kopton die Bewertung der regionalen Wirtschaft auf den Punkt. Viel Boden verloren hat der Standort bei der Bürokratie (Schulnote 4,9), den Energiepreisen (4,5) und der Unternehmensbesteuerung (4,1). Kopton weiter: „Über Bürokratie, Energie und Steuern haben wir schon vor der Corona-Krise diskutiert. Doch jetzt rächt sich, dass die scheidende Bundesregierung diese Handlungsfelder ungelöst hinterlässt.“ Auf der Haben-Seite sehen die Unternehmen dagegen die Bedingungen, unter denen sie sich finanzieren können (2,4) sowie ihre Möglichkeiten für Forschung und Entwicklung (2,5), was laut IHK Schwaben besonders für den Produktionsstandort Bayerisch-Schwaben ein großer Pluspunkt ist.
Die Unternehmen investieren in ihre Mitarbeiter
Aus der Beurteilung des Wirtschaftsstandortes und den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise ziehen die Unternehmen ihre eigenen Lehren. „Den Beschäftigten kommt die größte Bedeutung zu“, stellt der IHK-Präsident fest. So wollen die Unternehmen die digitalen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter stärken (80%), diese mehr digital kommunizieren lassen, um so auch kostspielige Dienstreisen reduzieren zu können (77%) und die Eigenverantwortung ihrer Belegschaft zu stärken (71%). Kopton: „Die Menschen sind der größte Wettbewerbsvorteil der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft. Die Corona-Krise hat nicht nur die Schwächen, sondern auch die Stärken aufgedeckt. Das haben die Unternehmen erkannt, auch, indem sie die Bereitschaft zur dualen Ausbildung hochhalten.“
Der Staat muss schlanker, digitaler, schneller und flexibler werden
Das Corona-Krisenmanagement des Staats hat gezeigt, dass er schlanker, digitaler, schneller und flexibler werden muss, sind sich 86% aller befragten Unternehmen in der Region sicher. Damit der Wirtschaftsstandort zu seiner alten Stärke zurückkehren kann, muss die kommende Bundesregierung zudem solide mit ihren Finanzen umgehen (59%) und der Wirtschaftsstandort an sich resilienter, also widerstandsfähiger werden (57%). „Der aktuelle Mangel an Rohstoffen und Vorprodukten bremst die Konjunktur in der Industrie und in der Bauwirtschaft ab. Diese Herausforderung muss gelöst werden, durch einen Mix aus mehr Zulieferern, eigenen Produktionsstätten und zusätzlichen Lagerkapazitäten“, erläutert Kopton die Strategie vieler Unternehmen. Kopton abschließend: „Das konjunkturelle Auf und Ab der letzten eineinhalb Jahre zeigt uns, wie brüchig das wirtschaftliche Fundament in vielen Branchen geworden ist. Die Unternehmen haben ihre Lehren gezogen und zeigen damit, wie wir in Zukunft leben und arbeiten wollen. Der Staat ist nun in der Pflicht, nach der Bundestagswahl nachzuziehen.“