Luise Beßler steht an dem großen Kupferkessel in der Käsküche und reinigt ihn. Die 52-Jährige ist die Sennerin auf der Alpe Mitterhaus im Retterschwanger Tal bei Bad Hindelang. Im zweiten Sommer ist sie jetzt hier oben - 2010 hat ihr Sohn Benedikt (26) die Alpe übernommen. "Wir haben uns einen Traum erfüllt", sagt sie und meint damit die ganze Familie.
Denn auch die 23-jährige Tochter Maria und Luises Mann Ferdl Beßler helfen mit. Zuletzt hatte Luise Beßler zehn Jahre in der Bad Hindelanger Gemeindeverwaltung gearbeitet. Das Käsen hatte sie früher einmal auf einer Schweizer Alpe gelernt und ihre Kenntnisse dann in speziellen Kursen noch einmal aufgefrischt. Genau 104 Tage hat die vergangene Alpsaison gedauert. Das heißt: 104 Tage ein 14-Stunden-Job an sieben Tagen in der Woche, Knochenarbeit beispielsweise beim Wenden der schweren Käselaibe, beim Hüten des Viehs, beim Melken oder Zäunen.
Nicht bereut
Und doch hat sie noch keine Sekunde ihren Entschluss zum Leben auf der Alpe bereut. Luise Beßler erzählt vom vergangenen Herbst, als die Kühe abgetrieben wurden.
Da habe sie zunächst eine gewisse Sentimentalität ergriffen und an den Folgetagen ein tiefes Gefühl der inneren Zufriedenheit: > - zufrieden mit dem gemeinsamen Werk des Sommers, als sie den Käsekeller betrat und die Laibe begutachtete.
Gäste zeigen Interesse
An schönen Sommertagen kommen viele Gäste auf die Alpe Mitterhaus, insbesondere Wanderer und Mountainbiker. Sie lassen sich auf der Alpgenuss-Alpe eine Brotzeit schmecken oder eine Halbe Bier. Und dann müssen die Beßlers häufig Fragen über das Älper-Leben beantworten. >, sagt die Sennerin und erzählt die Geschichte vom elfjährigen Bub aus Augsburg. Der war so fasziniert vom Käsen, dass er sich von seinen Eltern zu seinem Geburtstag nur eines wünscht: einen Ausflug auf die Alpe.
Benedikt Beßler könnte eigentlich einen Job finden, bei dem er in kürzerer Zeit mehr Geld verdient. Doch ganz bewusst hat sich der 26-jährige Absolvent eines Landwirtschafts-Studiums für das Leben auf der knapp 1100 Metern Höhe gelegenen Alpe entschieden: >
Heute kommt das Jungvieh
Seine Schwester Maria kümmert sich in erster Linie um die Bewirtung der Gäste, der Vater hilft am Wochenende, wenn Not am Mann ist. Und Kleinhirte Flori, ein Cousin von Benedikt Beßler, kümmert sich ums Vieh. 22 Milchkühe fühlen sich auf den Weiden schon sichtlich wohl, 52 Stück Jungvieh werden am heutigen Freitag angeliefert. Und dann sind da noch zehn Schweine, die den Bergsommer rund ums Mitterhaus verbringen.
Unterm Strich machen die Besitzer der Milchkühe aus Bad Hindelang einen guten finanziellen Schnitt: Erhielten sie vergangenes Jahr bereits 40 Cent pro Liter auf der Alpe erzeugter Milch, so werden es heuer wohl 45 Cent sein - deutlich mehr als sonst üblich. 450 bis 500 Liter Milch werden täglich auf der Alpe zu Käse verarbeitet.
Inzwischen ist es 11 Uhr, Luise Beßler hat die Käsküche gereinigt. Seit 6 Uhr hat sie hier gearbeitet, jetzt zieht sie ihre weiße Schürze aus und atmet tief durch.
Die ersten Gäste kommen. Luise Beßler freut sich. Denn: > Woran das liegt? Vielleicht, weil sie ihre Probleme im Tal gelassen haben und sich an der alpinen Landschaft freuen, meint sie.