Vor 75 Jahren hat Hans Müller in Kempten die Genehmigung erhalten, sich als Uhrmacher selbstständig zu machen. Später kamen Schmuck und Optikwaren hinzu. Heute leitet die Enkelgeneration mit den Geschwistern Heike und Jürgen Lupfer die Geschäfte von "Juwelier Müller". Das Familien-Unternehmen betreibt in der Kemptener Fußgängerzone ("Im Schlössle") ein Juwelier-Geschäft. Auch in Oberstdorf (Oberallgäu) gibt es einen "Juwelier Müller". Was hat sich nun in dem Dreivierteljahrhundert, seit das Unternehmen besteht, verändert? Darüber sprachen wir mit Geschäftsführer Jürgen Lupfer (38):
Herr Lupfer, da läutet irgendwo in Ihrem Geschäft ein alter Wecker
Lupfer: Das hört sich zwar an wie Omas Nachttischwecker. Der Ton kommt aber von meiner mechanischen Armbanduhr.
Von Ihrer Armbanduhr, aha. Die sieht aber ziemlich modern aus
Lupfer: Das ist ja das Verblüffende. Es handelt sich um ein besonderes Exemplar. Der Clou daran ist, dass sich der Klingelton wie vor 50 Jahren anhört.
Apropos Klingelton: Heute hat ja fast jedes Kind ein Handy und kann sich Hunderte Klingeltöne installieren. Die Uhrzeit kann ein modernes Handy auch anzeigen. Wieso braucht man eigentlich noch Armbanduhren?
Lupfer: Die Uhr hat sich im Laufe der Jahre vom Zeitmesser zum Statussymbol entwickelt.
Täuscht der Eindruck, dass exklusive Armbanduhren größer sind als früher?
Lupfer: Durchaus nicht. Wer Freude am Tragen von Luxusmarken hat, will das auch zeigen. Deshalb sind solche Armbanduhren am Handgelenk auch nicht zu übersehen.
Viele Armbanduhren sehen aber gar nicht so modern aus.
Lupfer: Wir haben einen Trend zurück zur mechanischen Uhr. Das begrüßen wir Fachleute. Denn dadurch ist das Handwerk des Uhrmachers wieder gefragt.
Gibt es überhaupt noch Tüftler, die dieses Handwerk beherrschen?
Lupfer: Zum Glück ja. Wir bilden auch regelmäßig in unserem Uhrmacher-Atelier junge Kräfte aus. Das ist wichtig, denn viele Kunden bringen uns alte Uhren - nicht nur Armbanduhren, sondern auch Wand- oder Standuhren aus allen möglichen Epochen. Da gibt es oft keine Ersatzteile mehr. Aber unsere Mitarbeiter bauen dann die fehlenden Teile nach.
Gibt es auch beim Schmuck eine Art Rückbesinnung auf alte Muster oder Modelle?
Lupfer: Zum Teil ja. In den 70er Jahren waren zum Beispiel sogenannte Bettelarmbänder der letzte Schrei. Da konnte man immer wieder kleine Schmuckstücke dazukaufen und dranhängen. Das gibt es heute wieder. Und mit winzigen Karabinern ist das Anbringen zusätzlicher Stücke kinderleicht.
Reiner Luxus
Nüchtern betrachtet braucht kein Mensch Schmuck. Warum ist er dennoch gefragt?
Lupfer: Schmuck ist natürlich reiner Luxus. Schmuck wurde schon in der Antike als Belohnung oder als Liebesbeweis geschenkt. An dieser Motivation hat sich bis heute nicht viel geändert.
Auch nicht in Krisenzeiten, wie gerade in den vergangenen zwei, drei Jahren? Wie lief da bei Ihnen das Geschäft?
Lupfer: Wir haben von der Krise nicht viel gespürt. Die Kunden haben weiterhin Schmuck und Uhren gekauft. Vielleicht ja gerade deswegen, weil andere Alternativen zur Geldanlage, wie Aktien oder Fonds, nicht sicher erschienen. Unsere Produkte haben immer einen Wert.
Hat sich das auch in Ihrer Bilanz niedergeschlagen?
Lupfer: Wir werden heuer - im Jubiläumsjahr zum 75-jährigen Bestehen - wohl unser bestes Geschäftsjahr haben. Aber es geht nicht nur um Geld, sondern in erster Linie um Emotionen, um Gefühle.
Bei den Kunden kann ich mir das vorstellen. Welche Frau wäre nicht entzückt über einen "Brilli" ?
Lupfer: Uhren und Schmuck wecken eine gewisse Begeisterung. Diese teilen wir mit Kunden und unseren 20 zum Teil sehr langjährigen Mitarbeitern. Der Umgang mit Gold und Edelsteinen oder raffinierten Uhren ist etwas Faszinierendes, was bei uns auch noch mit einem traditionellen Handwerk verbunden ist.
Noch ein Tipp vom Fachmann für Leute, die sich zunehmend wieder auf alte Werte besinnen und den sicheren Hafen der Ehe ansteuern: Wie sehen Eheringe heute aus?
Lupfer: Wir verspüren einen Trend zum Weißgold oder auch zu Roségold. Beliebt sind auch handwerklich bearbeitete Oberflächen. Aber im Prinzip gibt es nichts, was es nicht gibt.