Natürlich kann Erwin Schuster einen Edelbrand auch als Digestif empfehlen. 'Aber ich verwende Brände auch zum Kochen. Sie verfeinern Sahnesoßen und machen sie leichter. Und als Nachtisch ein Mousse au Chocolat mit Kirschwasser ist auch fein', meint er. Der 46-Jährige muss es wissen: Seit Anfang des Jahres ist der Mann aus Irsee (Ostallgäu) der erste staatlich anerkannter Edelbrandbrenner im Allgäu. Nun hat Schuster die Ausbildung auf ein höheres Niveau gehoben und ist der erste Edelbrandsommelier im Allgäu und einer von zwei in Schwaben.
Die neue Ausbildung geht auf ein Bundesgesetz zurück, dass 2017 das rund 80 Jahre alte Branntweinmonopol abschafft. Um aber die Qualität der Schnäpse zu sichern, drängten drei bayerische Klein- und Obstbrennerverbände das Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, Fachkräfte anerkannt zu qualifizieren. Deshalb gibt es die Blockausbildung an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim (Unterfranken), wo sich Schuster in der 'Ersten Bayerischen Brennerklasse' ausbilden ließ. Für das Abschlussprojekt investierte der Irseer 1,5 Tonnen Äpfel aus dem eigenen Anbau, die er zu Apfelsecco verarbeitete.
Auch die Ausbildung zum Edelbrandsommelier an der Fachhochschule Weihenstephan soll die Qualität der künftigen Schnäpse wahren – und dem Trend nach hochwertigen Destillaten in einer neuen Edelbrandkultur gerecht werden. 'Ich wollte einfach mehr Erfahrung für Geschmack und dessen Beschreibung bekommen und dabei meine Sensorik verfeinern', erzählt Schuster. Dabei musste er bei der Prüfung zum Sommelier 60 Proben erkennen und beschreiben – darunter Exoten wie Eisbeerenbrand ('Das ist ein Verwandter der Vogelbeere mit leichter Marzipan-Note') oder Schneeball ('Schwach giftiger Wildstrauch, fruchtig-herb und leicht bananig'). Doch nicht nur klare Schnäpse waren zu analysieren, auch Whisky, Wodka oder Gin standen zur Auswahl.
Aber der Nebenerwerbslandwirt Schuster hat auch noch ein eigenes Interesse an der Doppelausbildung. Auf seinem Land stehen auch viele Obstbäume. Die Äpfel und Birnen will er im Rahmen einer Kartierung für Allgäuer Streuobst definieren lassen.
Alte Obstsorten erhalten
Denn Schuster setzt sich für den Erhalt alter Obstsorten ein, von denen er voriges Jahr drei Tonnen erntete. Die will er eventuell mit dem örtlichen Gartenbauverein in einer eigenen Brennanlage verwerten. Derzeit gebe es nämlich bei einigen Edelbränden deutlich mehr Nachfrage, als das Angebot befriedigen kann. Insofern hofft Schuster, mit alten Allgäuer Obstsorten und hochwertigen Bränden in eine Marktlücke zu stoßen.
Zumal die hochprozentigen Alkoholika beim Essen unterschätzt werden: 'Eine geräucherte Forelle mit einer Spur Zwetschgenbrand beduftet und danach ein Glas davon rundet das Essen ab', so der Sommelier.