"Du machst es jetzt, oder nie mehr" hat sich Harald Müller gedacht. Der 39-jährige aus Nonnenhorn ist einer von drei Köchen, die sich in der Lindauer Berufsschule der Küchenmeisterprüfung unterziehen. Drei erfahrene Köche im Prüfungsausschuss entscheiden über ihre Arbeit.
Seit rund einem Vierteljahrhundert werden Küchenmeisterprüfungen in Lindau angeboten. Bis zu 30 Prüflinge stellten sich früher vor, diesmal sind es nur drei, die den höchsten Abschluss anstreben, den es in dieser Branche gibt. "Viele Köche denken, sie brauchen den Meister nicht. Und die Vorbereitung kostet Geld", nennt Thomas Kraus Gründe für die Entwicklung. Der Chef des Schachener Hofes ist selber Küchenmeister und einer der drei Prüfer. Zusammen mit Wolfgang Schneider, zuständiger Fachlehrer an der Berufsschule, und Jürgen Schmautz bildet er ein eingespieltes Team. Seit mehr als zwei Jahrzehnten nehmen sie für die IHK in Lindau die Küchenmeisterprüfung ab.
Salz im Dessert
Ein fünfgängiges Menü müssen die Bewerber schreiben und kochen. Die geforderten Aufgaben folgen den Trends der Küche. Früher waren oft Farcen und Terrinen gefragt, heute achtet man "mehr auf saisonale Produkte", erklärt Jürgen Schmautz. Aufwendiger geworden ist die Präsentation. "Es ist gigantisch, wie heute ein Dessert präsentiert wird", sagt Schmautz, der 20 Jahre lang die Gastronomie in der Therme von Bad Saulgau betrieben hat. In ihrer langen Zeit als Prüfer haben die drei schon gastronomische Höhenflüge erlebt, freilich auch das Gegenteil. Da hat ein Koch schon mal versehentlich Salz statt Zucker ins Dessert gebracht und die Nachspeise aus der Küche gegeben, erinnert sich Thomas Kraus. Der Maître de Cuisine im von vielen Restaurantführern hoch gelobten "Schachener Hof" ist ehrenamtlich in der Berufsschule tätig.
"Du bildest dich ständig weiter, triffst Kollegen wieder und es ist ein Stück Berufsehre", erklärt der Gourmetkoch, warum er regelmäßig die Arbeit als Prüfer übernimmt.
Die erfordert durchaus Zeit. Wenn die Kandidaten am Tag des "Meisteressens" um 11 Uhr mit der Arbeit beginnen, sind auch die Prüfer schon in der Küche. Sie beobachten und dokumentieren wie die Bewerber arbeiten. Bewertet werden dabei Dinge wie Sauberkeit, Materialverwertung und Techniken, schildert Wolfgang Schneider. Aber natürlich auch das Ergebnis, sprich wie das fünfgängige Menü präsentiert wird und wie es schmeckt. Damit es in dem Punkt nichts zu rütteln gibt, werden die fertigen Gerichte von allen Prüfern gekostet. Diskussionen bleiben dabei nicht aus. "Geschmack ist nicht messbar. Es ist wie im Eiskunstlauf.
Da gibt es auch verschiedene Wertungen" (Kraus). Wenn es aber um die Frage bestanden oder nicht bestanden geht, dann sind sich die drei Prüfer bisher immer einig gewesen. So auch dieses Mal. Alle drei Kandidaten haben bestanden. Auch Harald Müller darf sich fortan Küchenmeister nennen. "Wahnsinn", findet der 39-Jährige.