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Ein neues Gesicht in der Dorfmitte von Bad Hindelang

Serie (14)

Ein neues Gesicht in der Dorfmitte von Bad Hindelang

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    Ein neues Gesicht in der Dorfmitte von Bad Hindelang
    Ein neues Gesicht in der Dorfmitte von Bad Hindelang Foto: ja¶rg schollenbruch

    Die Allgäuer Dörfer verändern sich – und mit ihnen die Architektur. Bauern geben ihre Höfe auf, Kaufleute ihre Läden, Handwerker ziehen ins Gewerbegebiet. Was macht man aus diesen Gebäuden, wenn sie ihre Funktion verlieren? Umbauten oder gar Neubauten sind oft alles andere als überzeugend.

    In Bad Hindelang ist nun gezeigt worden, dass es auch anders, besser geht. Einen Steinwurf von Kirche und Rathaus entfernt wurden zwei marode, kaum sanierungsfähige Gebäude durch ein neues Haus ersetzt, und zwar auf sehr sensible Weise. Die Architektur greift dabei die Bautradition des südlichen Oberallgäus auf, spricht aber auch eine zeitgemäße Sprache. Und als Zugabe obendrein wird die Dorfmitte belebt, weil in dem Haus ein Laden, ein Ausstellungsraum und eine Wirtschaft mit (Sonnen-)Terrasse eingerichtet wurden.

    Zu verdanken ist das dem 'Kreativteam' mit den Bauherrn Annja und Stefan Hülsmann und dem im Allgäu bisher kaum bekannten Bad Hindelanger Planer Alfred Facchini. Sie interpretierten die alpenländische Materialien Stein und Holz auf neue Weise. 'Das alpinöse Bild sollte erhalten bleiben', sagt Architekt Facchini (59) über das Projekt, das jetzt den Namen 'Leporello' trägt. Bewusst wurde – mit wenigen Ausnahmen – auf moderne Materialien wie Stahl, Glas und Beton verzichtet.

    Auch mit Blick auf die Erwartungen der Hindelanger. 'Das Haus sollte nicht als Fremdkörper wirken. Und die Einheimischen sollten es akzeptieren.'

    Das tun sie offenbar. Von den Handwerkern, fast alle aus dem Dorf, sei große Zustimmung gekommen, sagt Facchini. Und eine ältere Hindelangerin habe einmal gesagt: 'Das ist modern, aber ich fühl mich wohl.' Für Annja Hülsmann die beste Bestätigung. Kritik gab es nur wenig – etwa an den nicht vorhandenen Fensterläden.

    Auch das Architekturforum Kempten fand Gefallen an dem Konzept und machte neulich eine Exkursion dorthin. 'Das ist kein Jodlerstil, wie man ihn so oft in Fremdenverkehrsorten sieht', sagt Vorsitzender Franz Schröck. 'Ein unaufgeregtes, unspektakuläres Haus, dessen Qualitäten sich auf den zweiten Blick erschließen.'

    Große Fenster zum Schauen

    Was haben Facchini und die Hülsmanns so gut gemacht? Das neue Haus hat – von den Maßen her gesehen – fast die gleiche Hülle wie ihre beiden eng beieinanderstehenden Vorgänger. Die Form blieb also in etwa dieselbe, aber die Fassade sieht ganz anders aus. Auf den weiß verputzten Steinkern wurde oben und am hinteren Ende Lärchenholzlattungen angesetzt. Die Fenstergrößen haben sich dort verändert, wo man bewusst eine Verbindung von draußen nach drinnen und umgekehrt herstellen wollte: in der Wirtschaft und im Laden (mit Dekorationsartikeln). Vor allem das große Panoramafenster zur Straße und zum kleinen Platz ist ein Gewinn.

    Innen dominiert Holz – in schlichter und klar-eleganter Ausführung. Wie raffiniert die beiden oberen Geschosse geplant und ausgeführt sind, erfahren nur jene, welche die Ausstellung besuchen. Dort stellt sich, überraschenderweise, heraus, dass ein Haus im Haus gebaut wurde. Es gibt Innenhöfe und Terrassen, die man von außen nicht sieht, weil die Holzlattung den Einblick verstellt. Was aber nicht heißt, dass man von drinnen nicht gut nach draußen sieht – durch die Lamellen hindurch, die sich teilweise verstellen lassen.

    Es gibt zahlreiche Details, die von der Intelligenz und dem Witz des Kreativteams zeugen. Etwa farbige Türen im Keller, Farbtupfer bei den Fenstern oder stark abgeschrägte Fensterleibungen. Durch eine große Glasfläche im Dach grüßt sogar der Hindelanger Kirchturm herein. So etwas bietet nur die Dorfmitte.

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