'Endlich wieder ein Konzertsaal!', verkündet Major Christian Prchal, Leiter des Gebirgsmusikkorps Garmisch-Partenkirchen freudig. Nach vierwöchigem Aufenthalt im schottischen Edinburgh sind die Militärmusiker froh, dem berühmten 'flüssigem Sonnenschein' zu entfliehen und im Oberstdorf-Haus endlich wieder ein Dach über dem Kopf zu haben.
Doch sie schauen auch gerne auf diese Reise zurück. So haben sie zu ihrem Benefizkonzert zugunsten des Lions-Clubs Oberallgäu, des Bundeswehr-Sozialwerks und Prosport Allgäu jede Menge Impressionen von der britischen Insel im Gepäck, und was sie im gut besuchten Nebelhornsaal präsentieren, sorgt durchaus für Träumereien und einen wahren Ohrenschmaus inklusive kleiner musikalischer Leckerbissen.
Glanzpunkte im ersten Konzertteil setzen die musikalischen Ausflüge nach Großbritannien – leuchten doch die Augen des Dirigenten Prchals besonders hell, wenn er vom 'Royal Edinburgh Military Tattoo' erzählt.
Natürlich muss man erst einmal Wegezoll bezahlen, um zu diesem großen Militärmusik-Festival zu gelangen, und so entführen die Musiker ihre Zuhörer zunächst einmal nach London. Mit 'Pomp and Circumstance No. 1' (Edward Elgar) bringen sie eine der großen Hymnen Englands zu Gehör.
Dann jedoch lassen sie klanglich die imposanten Burgmauern des Edinburgh Castle entstehen, zaubern mit Militärtrommeln und Fanfaren die einmarschierenden Kapellen vors geistige Auge und erwecken mit ruhigen, feinen Flötenklängen in traditionellen Hirtenweisen Sehnsucht nach den grünen Hügeln und den weiten, wilden Landschaften Schottlands.
Tomohiro Tatebe hat in seiner 'Suite on Celtic Folk Songs' diese Eindrücke aufs Notenpaper gebannt, das Gebirgsmusikkorps Garmisch-Partenkirchen versteht es meisterlich, ihnen Leben einzuhauchen.
Verschmitztes Augenzwinkern dominiert den zweiten Teil des Konzerts, der sich der modernen Stilistik verschrieben hat. Hier präsentiert beispielsweise das Saxophon-Register seinen Sparplan für den Fall, dass der Bundeswehr die finanziellen Mittel gekürzt werden: In Herbie Hancocks 'Watermelon Man' präsentiert es in einem beeindruckenden Solopart, wie man auch zu dritt auf nur einem Instrument spielen kann.
Ironisch-satirisch betrauert die Kapelle mit 'Blues for a Killed Cat' ein süßes, erfrorenes Kätzchen, das der Legende nach der Komponist Jack End auf dem Nachhauseweg von einer Jam Session im Morgengrauen am Straßenrand fand. Um diese Geschichte auch gleich plastisch darzustellen, wird sogleich nicht nur ein trauriger Katzenjammer angestimmt, sondern gleich ein Trauerzug mit 'Klage-Soli' durch den Mittelgang des Saals veranstaltet.
Hier trifft ein filigraner Flötensatz auf knackige Blechmelodien. Fulminant verkünden die Fanfaren, locker swingen die Saxophone.
Einem Uhrwerk gleich greifen die einzelnen Register ineinander und entwerfen ein stimmiges Gesamtwerk, das zum Inbegriff der Konzertblasmusik wird – egal, ob zackiger Marsch, schwärmerischer Walzer oder moderne Stilistik mit viel verschmitzten Charme.
Und wenn dann sogar noch der Zuhörer musikalisch nach Schottland reisen darf, ohne gleich Wind und Wetter in Kauf nehmen zu müssen, sind nicht nur die Musiker über einen warmen Konzertsaal jenseits des 'flüssigen Sonnenscheins' dankbar.