Rund 600 Menschen erleiden jährlich im Raum Ostallgäu einen Herzinfarkt. Wenn diese Patienten lebend das Krankenhaus erreichen, haben sie auch eine gute Chance, zu überleben. Für über 20 Prozent jedoch kommt jede Hilfe zu spät. Meist, weil sie zu spät gerufen oder zu spät in Anspruch genommen wurde. Fakt ist, dass die Patienten ihren Brustschmerz häufig anderen Erkrankungen – wie Rückenproblemen, Magenschmerzen oder auch einer Rheumaerkrankung – zuordnen. Um unklare Brustschmerzen richtig zu deuten, hat das Klinikum Kaufbeuren eine Notfallstation für Menschen mit solchen unklaren Beschwerden, die sogenannte Chest Pain Unit (CPU, auf deutsch: Brustschmerz-Einheit), eingerichtet. Diese wurde nun bei einem Festakt offiziell eröffnet. Dabei überreichte Vorstand Dr. Joachim Klasen dem Kardiologieteam unter Leitung von Chefarzt Dr. Marcus Koller das Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, das der CPU höchste Qualitätsstandards bescheinigt.
Umgehend reagieren
'Zeit ist Herzmuskel', appellierte Koller in seinem Vortrag an die Bürger, bei unklarem Brustschmerz nicht lange zu warten, sondern entweder den Notarzt unter der deutschlandweiten Notrufnummer 112 zu rufen oder direkt in die Chest Pain Unit zu kommen. 'Man braucht keinen Überweisungsschein vom Hausarzt', klärte Koller auf. Um keine wertvolle Zeit zu verlieren, sei es möglich, sich selbst einzuweisen. Ziel sei es, in standardisierten diagnostischen Abläufen mit minimalster zeitlicher Verzögerung zu überprüfen, ob eine Herzerkrankung ursächlich für die Brustschmerzen ist.
Während früher die Mortalität im Falle eines Herzinfarkts bei rund 40 Prozent lag, konnte die Sterblichkeit mittlerweile auf unter zehn Prozent gesenkt werden – wenn der Patient lebend das Krankenhaus erreicht. 'Das liegt an den großen Fortschritten in der Herzkathetertechnik sowie an den perfekt funktionierenden Netzwerken, ohne die diese Entwicklung nicht möglich geworden wäre', so Koller.
Im Verweis auf die anderen zertifizierten Zentren am Klinikum Kaufbeuren und den damit verbundenen Qualitätsmaßstäben auf universitärem Niveau appellierte Vorstandsvorsitzender Ludwig Lederle an die Politik, nun endlich die richtigen Entscheidungen zu treffen, sodass man auf diesem erfolgreich eingeschlagenen Kurs weitermachen könne.
Für Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse ist die Chest Pain Unit ein weiterer Beweis dafür, dass sich die Politik unbedingt aus dem operativen Geschäft heraushalten müsse. Man müsse endlich das Defizit des Klinikenverbundes senken, so der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende.
Erheblicher Mehrerlös
Die Kardiologie jedenfalls tut das Ihrige dazu, um Leistung zu steigern und Defizite zu senken, wie Koller darstellen konnte. Seit 2010 erwirtschaftete die Kardiologie am Klinikum Kaufbeuren einen Mehrerlös von 3,5 Millionen Euro.