'Es darf keine Reformverlierer geben.' Das forderte Ulrich Kirsch, Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbands (DBwV), beim Neujahrsempfang der Oberallgäuer CSU in Fischen. Der Kreisverband blieb auch heuer dem Prinzip treu, seinen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Vereinen statt parteipolitischem Getöse einen ausgewiesenen Fachmann zu einem aktuellen Thema zu bieten.
Der Blaichacher Kirsch ist gerade in der Debatte um den Umbau der Armee ein bundesweit gefragter Mann. Kreisvorsitzender Joachim Konrad streifte deshalb in seiner Begrüßung nur kurz und prägnant bundes- und landespolitische Themen, erneuerte den Führungsanspruch der CSU bei der Energiewende im Landkreis und ging schnell zum Thema des Abends über. 67 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg befinde sich Deutschland wieder im Krieg, wieder trauerten Familien: "Es ist wichtig, dass uns das Schicksal der Soldaten und ihrer Angehörigen nicht egal ist." Aus Sicht des DBwV sei der Weg zur Freiwilligenarmee 'suboptimal', erklärte Kirsch, die Reform mit zwei Fehlern behaftet: Ihr Anfang lag bei Einsparungen im Bundeshaushalt, nicht in einer 'Änderung der sicherheitspolitischen Lage'. Und man müsse die Menschen in der Bundeswehr mitnehmen, die Unsicherheit beenden: 'Die nächste tiefgreifende Reform in ein paar Jahren wäre fatal', erklärte Kirsch – für die Betroffenen und das Vertrauen in die Politik.
'Wir hätten eigentlich eine breite sicherheitspolitische Debatte erwartet', kritisierte der DBwV-Vorsitzende.
Sogar die CSU habe auf ihrem Parteitag 2010 das vom damaligen Verteidigungsminister Guttenberg forcierte Ende der Wehrpflichtarmee 'gar nicht mehr diskutiert, sondern schlicht beschlossen', zeigte sich Kirsch enttäuscht.
Die Standortreduzierung versetze die Menschen in der Bundeswehr in Unruhe – auch in der Region. Sonthofen werde reduziert, dort könne man aber mit der Umgestaltung noch 'insgesamt gut umgehen'. In Kempten und Kaufbeuren sehe das anders aus. In Standorten, die wegfallen, löse eine Unsicherheit die nächste ab. Und das für den Umbau und einen Personalabbau um 60 000 Soldaten und 20 000 Zivilbeschäftigte bereitgestellte Geld werde nicht reichen, warnten Experten.
Wenn der DBwV im Reformprozess attraktive Rahmenbedingungen für den Dienst fordere, gehe es nicht um ein 'Wohlfühlprogramm' für Soldaten – sondern um eine 'sicherheitspolitische Notwendigkeit', stellte Kirsch klar. Denn die Bundeswehr brauche 'qualifiziertes Personal für eine sichere Auftragserfüllung'. Bislang greife man aber eher zu 'schnellen Patchwork-Maßnahmen' statt dauerhafte Lösungen zu finden. Dabei sei Bundeswehrreform keineswegs 'demografiefest', wie Verteidigungsminister de Maiziere meine. Man werde sich auf die Lebensmodelle junger Leute besser einstellen müssen.
Beim bis 2014 geplanten Abzug aus Afghanistan dürfe man 'nicht ausschließlich auf das Datum schauen'. Wesentlich sei die Frage, ob die afghanischen Sicherheitskräfte in der Lage sind, die Verantwortung zu übernehmen. Auch das zivile Engagement bei Auslandsmissionen müsse künftig von vorneherein in einem Bundestagsmandat abgesichert werden, forderte Kirsch: 'Mit Soldaten alleine können Sie sich nur Zeit kaufen – mehr nicht.'