'Mit Christian Willisohn kann man nichts falsch machen!' Mit diesen Worten habe man ihr den Münchener Musiker empfohlen, erzählt eine begeisterte Besucherin nach dem Konzert im ausverkauften Kornhaus in Kempten. Einfach ausgedrückt, doch ziemlich treffend.
Was soll schon schiefgehen, wenn ein Mann auf der Bühne steht, der seit 30 Jahren den Blues spielt und lebt? Wenn dieser Mann eine Truppe namens 'Southern Spirit' um sich schart, die gespickt ist mit brillanten Musikern? Und wenn zu guter Letzt noch eine Sängerin aus New Orleans dazustößt, die in ihrer Heimatstadt in einem Atemzug mit der Musiklegende Louis Armstrong genannt wird? Gar nichts!
Genau diese Erwartungen erfüllen die Künstler von Beginn an. Enorm druckvoll, temporeich und energiegeladen legen Pianist und Band los.
Egal ob sie dem Laufstil des Willisohnschen Hundes ein musikalisches Denkmal setzen (Amy’s Walk: 'sehr schnell, stolpert aber immer wieder') oder dem Münchner beim Schafezählen helfen (I can’t sleep) – die Musiker strotzen nur so vor mitreißender Spielfreude. Witzige, teils skurrile Details runden die überzeugende Vorstellung ab: Da thront Willisohn auf einem braunen Schafklavierhocker, und der Percussionist Dr. Will hantiert mit einem Shaker in Eissalatform oder bearbeitet gekonnt eine 'Waschbrettkrawatte', die er um den Hals trägt. Klasse auch ein furioses Duell der Schlagwerker Dr. Will und Peter Kraus, das so lange ausgetragen wird, bis Kraus das obere Becken der Hi-Hats um die Ohren fliegt.
Titus Vollmer vermisst Gitarre
Einziger Wermutstropfen: Gitarrist Titus Vollmer muss auf einer Ersatzgitarre spielen, da er am Vorabend nach einer ausgiebigen Session seine Gibson-Gitarre L-5CES aus dem Jahr 1956 auf dem Kemptener Rathausplatz stehengelassen hatte. Das kostbare Stück verschwand und der verzweifelte Vollmer hat nun 1000 Euro Finderlohn ausgelobt.
Nach der Pause dominiert die kleine Frau mit der großen Stimme das Geschehen auf der Bühne. Lillian Boutté brilliert in gospelartigen Arrangements wie 'He touched me' genauso wie im stimmgewaltig-gefühlvollen Duett mit Willisohn. Immer wieder unterstreicht sie mittels einiger Gesten die Inhalte ihrer Texte, spielt mit dem Publikum und hüpft gegen Ende des Abends sogar von der Bühne.
Als die Zuschauer auf den vorderen Plätzen erkennen, dass der Sängerin bei der gefeierten letzten Zugabe 'You’ve got a friend' die Tränen in die Augen schießen, fällt das Urteil leicht: Alles, wirklich alles richtig gemacht!