Zum zweiten Mal findet heuer der "Tag der offenen Lehrwerkstätten" statt. Junge Menschen haben dabei die Möglichkeit, bei 20 Betrieben im Allgäu in den Alltag von gewerblich-technischen Berufen zu schnuppern. Interessierte Buben und Mädchen können sich bei den Firmen sowohl über die Theorie informieren als auch erste Handgriffe an Maschinen und Werkzeugen üben. Anlässlich der Aktion sprachen wir mit Friedrich Hesemann, Vorstandsvorsitzender beim Bayerischen Unternehmensverband Metall und Elektro (Bayme) für die Region Allgäu und Geschäftsführer der Liebherr-Verzahntechnik GmbH in Kempten.
Herr Hesemann, wie hart hat die Wirtschaftskrise die Metall- und Elektrobranche getroffen? Geht es schon wieder bergauf?
Hesemann: Die Industrie hat ein extremes Krisenjahr mit einbrechenden Auftragseingängen hinter sich. Nun ist aber in ganz Bayern der Aufwind zu spüren. Wir hoffen natürlich, dass das von Dauer ist.
Wurden aufgrund der Krise auch Ausbildungsplätze eingespart?
Hesemann: Bei uns definitiv nicht. Wir haben an unserem Ausbildungskonzept festgehalten und unsere Lehrstellen ähnlich wie die Jahre zuvor vergeben.
Stichwort Facharbeitermangel. Wie sehr leiden die Industrie-Betriebe im Allgäu darunter?
Hesemann: Allgemein ist es so, dass es kleinere Betriebe schwieriger haben, Fachkräfte zu akquirieren. Der Bekanntheitsgrad eines großen Unternehmens erleichtert es, besonders Facharbeiter aus anderen Regionen anzuziehen. Auch hier im Allgäu haben definitiv einige Betriebe Besetzungsschwierigkeiten.
Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für den Mangel? Will der Nachwuchs keine gewerblich-technischen Berufe mehr erlernen?
Hesemann: Ein schwindendes Interesse an technischen Berufen haben wir meines Erachtens nicht. Doch der demografische Wandel ist natürlich nicht zu leugnen. Ebenso das sinkende Bildungsniveau. Wir unterrichten inzwischen schon während der Ausbildungszeit zusätzliche Fächer, da die meisten Lehrlinge das nötige Niveau nicht aus der Schule mitbringen.
Das ist eine katastrophale Situation und ein deutschlandweites Problem. Das Ende vom Lied ist, dass irgendwann nur noch Auszubildende mit höheren Schulabschlüssen eingestellt werden und die Chancen für Jugendliche mit niedrigerem Abschluss sinken.
Damit Jugendliche die nötige Leistung bringen, brauchen sie ein Ziel. Was denken Sie kann man tun, um sie beispielsweise für die gewerblich-technischen Berufe zu begeistern?
Hesemann: Veranstaltungen wie der "Tag der offenen Lehrwerkstätten" sind mit Sicherheit ein wichtiges Instrument. Darüber hinaus muss man auf die Schüler zugehen: Wir von Liebherr gehen direkt in die Schulen, bieten Schnupperlehren und verschiedene Technikprojekte an. Die Erfahrung damit ist sehr positiv und wir spüren, dass die Maßnahmen eine gewisse Aufmerksamkeit erregen.
Der zweite "Tag der offenen Lehrwerkstätten" wird gemeinsam von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben und unserer Zeitung organisiert. Er findet statt am Samstag, 16. Oktober, von 9 bis 14 Uhr. Der Eintritt ist frei.