Ein kleines Paradies hat er sich in seinem Allgäuer 'Exil' in Steingaden (Landkreis Weilheim Schongau) geschaffen. Vom Wintergarten, in dem er am liebsten arbeitet, geht der Blick über ein Biotop mit Wildblumen, Bachlauf und Teichen, Fröschen und Molchen auf den Auerberg.
Gleich neben seinem Grundstück liegt der Bismarckweiher, in dem der gebürtige Münchner im Sommer gerne eine Runde schwimmt. Man glaubt Erik Liebermann gleich, dass ihm hier am Schreibtisch die besten Ideen für seine Cartoons kommen. 'Ich wollte unbedingt auf dem Land bleiben', erzählt der 69-Jährige. Vor etwa zehn Jahren verschlug es ihn nach seiner Scheidung von Murnau nach Steingaden. Hier verarbeitet er nun im stillen Kämmerlein Erfahrungen und Erinnerungen, spielt mit Wörtern oder neuen Zusammenhängen und schickt seine Fantasie auf Reisen. Cartoons nennt er seine Arbeiten, weil sie nicht so eng an aktuelle Ereignisse geknüpft sind, wie Karikaturen. Bestimmte Personen zu karikieren ist auch nicht seine Sache. Schon vor dem ersten Tuschestrich ist das Bild fertig – in Liebermanns Kopf. Skizze, überarbeitete Skizze, Reinzeichnung, heißen die nächsten Schritte. Und manchmal nimmt er sich eines seiner Bilder nach Jahren noch einmal an, um es zu verbessern.
So wie hinter der scheinbar leichten Zeichnung Arbeit steckt, so verbirgt sich hinter der vordergründigen Pointe häufig eine zweite Ebene. Fragt ein Mann in einem von Liebermanns aktuellen Schneemann-Cartoons beispielsweise einen tropfenden, weißen Gesellen frei nach Ikea 'Schwitzt Du noch oder taust Du schon?', kommt man nach dem ersten Schmunzeln ins Stocken. Stichwort Klimawandel. Scheinbar trockenen Themen lustige Seiten abzugewinnen, ist er durch seine Schwerpunktthemen Medizin, Pädagogik und Management gewohnt.
Ein Männchen für den ADAC
Leicht zu erkennen sind Liebermanns Cartoons an den Menschen mit den Knollennasen und aufgesetzten Augen. 'Anton Glupsch' hat einst der ADAC das Männchen getauft, für dessen Mitgliederzeitschrift 'Motorwelt' Liebermann lange Zeit zur Feder griff. Entworfen hatte Liebermann es ganz bewusst: 'Mir war klar, ich brauche ein eigenes Markenzeichen, wenn ich mich durchsetzen will.' 'Anton Glupsch' verhalf ihm dazu, dass er sich 1975 als Cartoonist selbstständig machen konnte.
Seine ersten Cartoons hatte er schon 1969 gezeichnet, als er sein Industriedesign-Studium abgeschlossen hatte.
Die nötigen zeichnerischen Fähigkeiten und Fantasie, um als Karikaturist zu überleben, traute er sich zu: 'Ich hatte Talent in mir gespürt, dass ich das kann.'
Zahlreiche Zeitschriften und Zeitungen, darunter die Süddeutsche Zeitung oder die Rheinische Post, gaben und geben bei ihm Karikaturen in Auftrag. Auch in Schulbüchern werden seine Arbeiten abgedruckt. Hinzu kommen 15 Sammelbände seiner Arbeiten und Ausstellungen wie derzeit im Kurhaus Garmisch. Im Ostallgäuer Raum waren seine Arbeiten in den letzten fünf Jahren in Füssen, Hopfen, Roßhaupten und Lechbruck zu sehen.
Eine Besonderheit von Liebermanns Bildern ist, dass er immer wieder zur Collage-Technik greift. Dann muss sich schon mal ein reales, benutztes Streichholz in einem Cartoon von einem unberührten Kollegen sagen lassen, es sehe ganz schön abgebrannt aus. Oder mutieren Lakritzschnecken zu 'biologisch abbaubaren Reifen'. Andererseits nimmt Liebermann öfter Fotos als Grundlage und fügt seine Männchen hinzu. Fotografieren zählt neben Aquarellieren zu Liebermanns weiteren Hobbys – neben dem Zeichnen. Und bringt ihn immer wieder in seine geliebte Natur.