"Lassen Sie los, geben Sie Gas, zünden Sie die Welt an, gute Nacht!" Wenn jemand auf solch einen Schluss-Satz starken Beifall bekommt, dann hat er sein Publikum vorher geschickt in die Rolle der Fans manövriert, die ihm alles abkaufen. Hermann Scherer ist dies nach eineinhalb Stunden im Kemptener Kornhaus gelungen. Dort referierte der 47-Jährige im Rahmen der Vortragsreihe "Allgäu Impuls - Von den Besten profitieren" über die "Chancen-Intelligenz".
Schwarzer Anzug, weißes Hemd. Das passt. "Ich kenne kein Grau, nur Schwarz und Weiß", sagt der langhaarige Mann, der behauptet, ein polarisierender Mensch zu sein. Und so ist es auch. Entweder man schüttelt den Kopf über die Thesen und Sprüche des Querdenkers, oder man findet seine Ansichten fast schon genial. Egal wie, auf jeden Fall hängen die Zuhörer an Scherers Lippen, denn er versteht es meisterhaft, zu unterhalten.
Nicht alles ist neu, was der Chef von "Unternehmen Erfolg" (Freising) und Mitveranstalter der Reihe "Allgäu Impuls" da im Kornhaus erzählt. Sprüche von Albert Einstein, von Martin Luther King oder jenem Häuptling der Dakota-Indianer, der da sagte, "wenn Dein Pferd tot ist, wird es Zeit abzusteigen", haben die meisten im Saale schon mal gehört. Aber nicht so rasant hintereinander abgefeuert und witzig präsentiert.
Scherer ist eigentlich kein Berater - zumindest nicht an diesem Abend - vielmehr ein ausgezeichneter Entertainer. Kein Zuhörer behält den Überblick bei der Fülle von Statistiken, Anekdoten, Witzen und Lebensweisheiten, und das wäre auch gar nicht im Sinne des Referenten: "Ich möchte Sie verwirren", ruft der Schnellsprecher schon ganz am Anfang seines Auftritts den Menschen im Kornhaus zu. Das schafft er auch.
Seine Kernthese, die in allen Beispielen und Lebensweisheiten mitschwingt: Alte Zöpfe radikal abschneiden, sich von Gewohnheiten verabschieden, mit der eigenen Geschichte brechen, Misserfolge nicht akzeptieren und loslassen von zähen Geschäftsmodellen und von Menschen, denen man nichts mehr zu sagen hat, beruflich wie privat. Scherer lebt diesen Stil vor, hat schon eine ganze Reihe von Unternehmen gegründet und einige wieder eingestampft.
Seine privaten Beziehungen dauern selten länger als vier Jahre. Dann sei bei ihm die Luft raus, bekennt er offenherzig.
Chancen, neu anzufangen und aus seiner jetzigen Situation eine bessere zu machen, sieht Scherer also zuhauf. "Chancen gehen nie verloren, sie werden nur von anderen genutzt", rät er zu schnellem Handeln. Wobei er sich nicht sicher ist, ob es Menschen gibt, die eine Art Chancen-Gen besitzen. Er weiß jedoch: "Nur wer loslässt, hat zwei Hände frei." Wie das geht, muss jeder selbst ausprobieren. Und so endet dieser Abend auch mit einer Video-Einspielung von Frank Sinatra mit dessen Ohrwurm "I did it my way" (ich habs auf meine Weise gemacht).