Gleich am Ortseingang von Unteregg (Unterallgäu), inmitten von Feldern, steht das Haus der Schmidbauers. Hierher kommt Schauspielerin Sarah-Lavinia Schmidbauer nicht nur, um ihre Familie zu besuchen und Ruhe zu finden. Sie macht auch Theater mit Kindern und Jugendlichen aus Unteregg. Geboren ist Schmidbauer in Marktoberdorf. Inzwischen lebt sie auch wieder im Allgäu: in Irsee (bei Kaufbeuren). Anna Starkmann unerhielt sich mit der 31-Jährigen.
Frau Schmidbauer, wir sind im Haus ihrer Familie in Unteregg. Hier, im Atelier Schmidbauer, werden Kulissen für Film und Theater gemalt, im Haus ist auch die Werkstatt ihrer Mutter. Eine richtige Künstlerfamilie
Schmidbauer: Ja. Meine Mutter ist Keramikerin, mein Bruder Maler. Meine Großeltern mütterlicherseits waren schon Künstler. Wenn man in so einer Familie aufwächst, lernt man die guten wie schlechten Zeiten des Künstlerseins kennen – gute Zeiten voll mit schöpferischer, kreativer Arbeit, Applaus und Anerkennung und schlechte Zeiten, wenn beispielsweise Aufträge fehlen.
Wann wurde Ihnen klar, dass auch Sie eine Künstlerin sind?
Schmidbauer: Wie meine Mutter habe ich zuerst was 'G’scheids' gelernt und eine Ausbildung zur Maschinenbaumechanikerin gemacht. Irgendwann habe ich aber festgestellt, dass mir das nicht ausreicht. Dass ich einfach Schauspielerin werden muss. Ich habe dann Schauspielerei in München studiert.
Was raten Sie jungen Menschen, die Schauspieler werden wollen?
Schmidbauer: Sie müssen sich ehrlich fragen: Habe ich Spaß daran, Figuren Leben einzuhauchen oder will ich nur berühmt werden? Man braucht viel Ausdauer, Fleiß und Disziplin. Und man muss sich bewusst sein, dass das ’ne schweineschwere Nummer wird.
Inwiefern?
Schmidbauer: Schauspielersein bedeutet auch, dass man sich auf ein unsicheres, unstetes Leben einlassen muss. Man muss sich ganz sicher sein.
Haben Sie Vorbilder?
Schmidbauer: Meine Vorbilder sind weniger Schauspieler als viel mehr Menschen, die mir im Leben begegnet sind. Menschen, die kein einfaches Leben hatten, aber trotzdem dankbar sind.
Zum Beispiel?
Schmidbauer: Meine Patentante, die mit fast 80 Jahren auf ihrem Hof im Ostallgäu sitzt und glücklich und zufrieden ist. Sie hat einmal zu mir gesagt: 'Woisch Sarah, entweder es goht oder es goht itta.' Das ist auf eine Art weise, finde ich.
Sie sind im Allgäu geboren, sprechen selbst auch Dialekt: in 'Milchgeld' mit dem Allgäuer Kommissar Kluftinger Allgäuerisch, im Polizeiruf Bayerisch. Was bedeutet Dialekt für Sie?
Schmidbauer: Ans Allgäuerische musste ich mich erst mal wieder gewöhnen, aber da ich es auch in Theaterrollen immer mal wieder gesprochen habe, ging das ganz gut. Fürs Bayerische habe ich mit einem Dialekttrainer gearbeitet, aber da ich mit einer bayerischen Oma aufgewachsen bin, ging auch das. Ich finde, Dialekt ist für Schauspieler ein wichtiges Potenzial und sollte erhalten bleiben. Nicht nur für Schauspieler: Er gehört zur Kultur.
Welche Filme aus dem Allgäu könnten Sie sich denn vorstellen?
Schmidbauer: Das Allgäu bietet viel im Bereich Sagen und Mythologie. Auch historische Filme über die Region könnte es häufiger geben. Jedes Dorf hat da interessante Geschichten zu bieten. Es fehlen nur gute Drehbücher. Vielleicht finde ich ja hier die Muse, ein Drehbuch zu schreiben. Die Uhren gehen hier schließlich langsamer als in der Großstadt. Das wäre doch mal eine gute Inspiration! (lacht)
Wie bereiten Sie sich auf eine Rolle vor?
Schmidbauer: Das Textlernen ist nur ein minimaler Teil. Um mich an meine Figur heranzuarbeiten, führe ich zunächst ein fiktives Interview mit meiner Figur.
Wie ist ihr Hintergrund, ihr Werdegang? Bei manchen Rollen geht es ums Eingemachte: 'In aller Stille' beispielsweise, von Regisseur Rainer Kaufmann, handelt von Kindsmord. Ich habe mir dazu viele TV-Dokumentationen angesehen. Ich schaue mir dann vieles ab, vor allem bei Gestik und Mimik. Als Schauspieler muss man ein guter Menschenbeobachter sein!