Kaugummi raus, Baseballkappe runter, Hände aus den Hosentaschen und freundlich 'Guten Tag' sagen – so in etwa lautet die Ansage von Kurt Opfermann, wenn der 73-Jährige mit Schülern Bewerbungsgespräche übt. Opfermann und Kollege Gerhard Kletwig arbeiten für die Aktivsenioren in Bayern – und zwar ehrenamtlich. Beide sind schon lange im Ruhestand. Zur Ruhe kommen wollen der Augsburger (Opfermann) und der Memminger (Kletwig) aber nicht: 'Würde ich nur daheim rumsitzen, wäre ich wahrscheinlich schon tot oder geschieden', witzelt Opfermann im MZ-Interview und Kletwig, ehemaliger Banker, legt nach: 'Ich will mein Gehirn nicht verkommen lassen.'
Ihr Wissen wollen die beiden weitergeben – wie auch 350 andere ehrenamtliche Aktivsenioren in Bayern, dienicht nur Schülern bei der Lehrstellensuche helfen, sondern auch Männer und Frauen in Sachen Unternehmensnachfolge, Betriebsführung und Existenzgründung beraten. Das Ganze zu einem geringen Unkostenbeitrag: 'Wir haben tolle Leute in unseren Reihen und könnten auch große Firmen wie Bosch oder Siemens beraten', sagt Opfermann und verweist auf die vielen ehemaligen Führungskräfte und Unternehmer im Verein. 'Aber unser Ziel ist es, den Kleinsten der Kleinen zu helfen.'
Also beispielsweise denjenigen, die auf der Kippe zur Arbeitslosigkeit stehen: 'Bring’ ich jemanden erfolgreich in eine Existenz, gibt das wieder Antrieb für die nächsten Monate', sagt Kletwig, der für angehende Firmengründer beispielsweise Business- und Rentabilitätspläne erstellt. 'Mit Zahlen kann ich umgehen', sagt der ehemalige Banker und lacht.
Rund 60 Beratungen in einem Jahr
Nicht zum Lachen ist dem 69-Jährigen manchmal angesichts der geringen Qualifikation und dem 'mangelnden Durchhaltevermögen' mancher Existenzgründer. 'In der Gründungsphase gibt es keinen Urlaub und keinen Feierabend', sagt Kletwig. Mache er das in seiner Sprechstunde klar, sei der Traum von der eigenen Firma bei einigen Menschen ganz schnell verflogen.
Allerdings haben von seinen rund 60 Kontakten im vergangenen Jahr einige in eine erfolgreiche Existenz geführt. 'Gartenbau, Wellness, Mode, Stilberatung, Massage, Kulturmanagement', zählt er die verschiedenen Sparten auf. 'Das hat alles hingehauen.' Dabei erkenne man schnell, 'wann etwas tragbar ist und wann nicht'. Solange die Gesundheit noch mitmacht, möchte Kletwig als Aktivsenior weitermachen. Und auch Opfermann hält nichts von 'Kreuzworträtsel lösen, Däumchen drehen und auf den Tod warten', wie er schmunzelnd anmerkt.