Viele Unternehmen leiden unter der Corona-Pandemie. Der Lebensmitteleinzelhandel gehört nicht dazu. Die Absatzzahlen sind gestiegen. Der Trend geht immer mehr Richtung Bio und Regionalität.
Starke Nachfrage bei Direktvermarktern
Alfred Enderle, Bezirkspräsident Schwaben des Bayerischen Bauernverbands, wundert das nicht. Eine Verschiebung der Ernährungsgewohnheiten ergebe sich zwangsläufig durch die Schließung von Kantinen und Gasthäusern. "Erfreulich ist dabei, dass gleichzeitig die Nachfrage nach regionalen und Bio-Produkten zugenommen hat", sagt Enderle gegenüberall-in.de. Vor allem die Nachfrage bei Direktvermarktern sei stark gestiegen. Bei Discountern hingegen habe sich der Absatz von Bio-Produkten nicht so stark erhöht.
Verbraucher kaufen mehr Bio-Brot und Bio-Fleisch
Die Entwicklung mache sich insbesondere bei Brot bemerkbar. Der Absatz von Bio-Brot ist im März 2020 im Vergleich zum März 2019 um 29 Prozent gestiegen, der Absatz von konventionellem Brot nur um 7,5 Prozent. Auch bei Milchprodukten gibt es eine ähnliche Tendenz. Der Absatz von Bio-Milch ist um 22,5 Prozent gestiegen, der von konventioneller Milch um 15,3 Prozent. "Bei Lebensmitteln mit vergleichsweise hohen Preisunterschieden zwischen bio und konventionell ist dieser Vorsprung nicht gegeben", berichtet Enderle. Der Bio-Fleischabsatz stieg um 13 Prozent, der von konventionellem Fleisch hingegen um 26,4 Prozent.
Bio-Trend könnte nach Corona-Pandemie abgeschwächt werden
"Die Coronaeinschränkungen haben den allgemeinen Trend zu mehr Bio sicher verstärkt. Vermutlich auch, weil die Menschen mehr Zeit für gezielten Einkauf aufwenden konnten", meint Enderle. Nach der Corona-Pandemie werde der Trend vermutlich wieder abgeschwächt, wird aber insgesamt trotzdem bestehen bleiben. Insbesondere bei Kantinen und Großküchen würden Bio-Produkte meist durchfallen, weil oft ausschließlich der Preis entscheide. Die Ernährungsgewohnheiten in privaten Haushalten seien auch abhängig von wirtschaftlichen Faktoren. Bei Arbeitsverlusten oder gesunkenem Einkommen steige der Absatz von günstigeren Lebensmitteln erfahrungsgemäß.
Anzahl der Bio-Betriebe im Allgäu steigt kaum
Bei dem steigenden Absatz von Bio-Lebensmitteln stellt sich die Frage, ob Allgäuer Landwirte nun auf Bio umstellen. Laut Enderle kann nicht so schnell reagiert werden, weil die Betriebe zunächst eine Umstellungsphase durchlaufen müssen. Die Anzahl der Bio-Betriebe ist von Januar bis Oktober 2020 im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 3,28 Prozent gestiegen. Schon vor der Corona-Pandemie gab es viele umstellungswillige Landwirte. Doch der Absatz von Bio-Milchprodukten konnte nicht mithalten. Deshalb nahmen Molkereien keine neuen Bio-Lieferanten mehr auf. Derzeit ändert sich das. Molkereien nehmen wieder zusätzliche Bio-Milch an. Besonders gefragt sind Premium-Erzeugnisse wie Bio-Heumilch.
29 Prozent der Bio-Milch aus dem Ausland importiert
Derzeit kommen 29 Prozent der in Deutschland verkauften Bio-Milch aus dem Ausland, vor allem aus Dänemark und Österreich. "Das bedeutet, es sind tatsächlich Marktmöglichkeiten für heimische Erzeuger vorhanden", meint Enderle. Allerdings sei es auch eine Frage des Preises. In vielen Fällen sei es für die Verarbeiter oder den Handel günstiger, ausländische Biomilch zu kaufen, als auf teurere heimische Erzeugung zuzugreifen. Enderle sieht das kritisch: "Die Verknüpfung von Bio und regional ist hier aus meiner Sicht notwendig."