30 Jahre lang lebte er mit HIV. Nun gilt er als geheilt. Seit mittlerweile 32 Monaten konnte das Virus nicht mehr bei einem 53-jährigen Patienten aus Genf nachgewiesen werden. Der Mann war an Blutkrebs erkrankt und hatte deshalb eine Knochenmarktransplantation bekommen. Das teilte das Universitätsspital Genf (HUG) am Dienstag mit.
Kein HIV-Virus ist mehr im Blut des Genfer Patienten nachweisbar
Über diesen Erfolg berichten Mediziner und Forscher des Universitätsspitals Genf und des Pasteur-Instituts jetzt in einem Artikel der Fachzeitschrift "Nature Medicine". Ihr Patient lebte seit Anfang der 1990er Jahre mit einer HIV-Infektion. 2018 erkrankte er auch noch an einer besonders aggressiven Form der Leukämie. Um die zu bekämpfen, bekam er eine Knochenmarkspende. Einen Monat nach der Transplantation zeigten Tests: Die Zellen des Spenders hatten die Blutzellen des Patienten komplett ersetzt. Und nicht nur das: Die Zellen, die das HIV-Virus in sich trugen, waren drastisch zurückgegangen.
Die Ärzte reduzierten daraufhin die antiretrovirale Behandlung schrittweise und stellten sie im November 2021 schließlich ganz ein. Seitdem konnten die Mediziner weder Viruspartikel, noch ein aktivierbares Virusreservoir, noch eine Zunahme der Immunantworten gegen das Virus im Körper des Patienten feststellen. "Was mit mir passiert, ist großartig, magisch, wir blicken in die Zukunft", sagte der überglückliche Patient.
Knochenmarkspender hatte keine HIV-resistente-Mutation in seinen Genen
Weltweit gibt es nur sieben Menschen (zwei Patienten aus Berlin, einer aus London, Düsseldorf, New York, City of Hope und Genf), die als geheilt von HIV gelten. Alle hatte zur Behandlung von Blutkrebs eine Knochenmarkspende erhalten. Doch der Patient aus Genf ist eine Besonderheit. Denn im Gegensatz zu den anderen Patienten hatte sein Spender nicht die seltene genetische CCR5-Delta-32-Mutation, die CD4-Zellen resistent gegen HIV macht.
Mediziner und Forscher stellen Hypothesen zur HIV-Heilung vor
Wie war eine Heilung von HIV trotzdem möglich? Im Artikel der Nature Medicine stellten die Ärzte und Forscher ihre Hypothesen vor. Sie kamen zu dem Schluss, dass Zellen des Immunsystems, die HIV bekämpfen können, verhindern könnten, dass das Virus erneut auftritt - selbst wenn noch einige infizierte Zellen im Körper sind. Andererseits könnten die Medikamente, die der Patient nach seiner Transplantation eingenommen hat, dazu beigetragen haben, dass das Virus nicht mehr reaktiviert wird. Diese Hypothesen eröffnen laut dem Genfer Universitätsspital wichtige Forschungsansätze, die dazu beitragen, eines Tages eine Heilungsmethode für HIV zu finden.