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Ein Jahr nach der Tat: Illerkirchberg erinnert an tödlichen Messerangriff auf Schülerinnen

Gedenken

Ein Jahr nach der Tat: Illerkirchberg erinnert an tödlichen Messerangriff auf Schülerinnen

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    "Yastayiz" - Türkisch für "Wir trauern", steht zwischen zahlreichen Trauerkerzen am Tatort auf einem Schild geschrieben. Ein Mann hatte am 5. Dezember 2022 ein 14-Jähriges Mädchen auf dem Schulweg getötet und eine 13-Jährige schwer verletzt. Am kommenden Dienstag jährt sich die schreckliche Tat.
    "Yastayiz" - Türkisch für "Wir trauern", steht zwischen zahlreichen Trauerkerzen am Tatort auf einem Schild geschrieben. Ein Mann hatte am 5. Dezember 2022 ein 14-Jähriges Mädchen auf dem Schulweg getötet und eine 13-Jährige schwer verletzt. Am kommenden Dienstag jährt sich die schreckliche Tat. Foto: picture alliance/dpa | Christoph Schmidt

    Angriff in Illerkirchberg: Mädchen stirbt später im Krankenhaus

    Glockengeläut wird am kommenden Dienstag, 5. Dezember, um 07.25 Uhr durch den kleinen Ort Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis in Baden-Württemberg) nahe Ulm schallen. Dann ist es genau ein Jahr her, dass zwei Mädchen auf ihrem Weg zur Schule von einem Mann angegriffen wurden. Eine 14-Jährige verlor dabei ihr Leben, ihre 13-jährige Freundin wurde schwer verletzt. 

    "Gemeinsam haben wir uns auf den schwierigen Weg gemacht, damit umgehen zu lernen", sagte Bürgermeister Markus Häußler (parteilos) vor dem Jahrestag des Verbrechens der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Doch nach wie vor gebe es viele Wunden. Am Dienstagabend sei eine Gedenkveranstaltung für Einwohner, Freunde und Bekannte der Opfer in einer Kirche geplant. 

    Kerzen und Blumen stehen am Tatort in Illerkirchberg. Der Verdächtige gestand, mehrfach mit einem Messer auf ein Mädchen eingestochen zu haben.
    Kerzen und Blumen stehen am Tatort in Illerkirchberg. Der Verdächtige gestand, mehrfach mit einem Messer auf ein Mädchen eingestochen zu haben. Foto: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

    Rückblick: Zwei Freundinnen waren am 5. Dezember 2022 gegen 07:30 Uhr auf dem Weg zur Schule, als ein 27-jähriger Mann die beiden Mädchen mit einem Messer angriff und schwer verletzte. Eines der beiden Mädchen, eine 14-Jährige musste noch vor Ort wiederbelebt werden. Sie und ihre 13-jährige Freundin kamen zur Behandlung in ein Krankenhaus. Doch die Verletzungen der 14-Jährigen waren einfach zu schwer. Sie starb im Laufe des Tages in der Klinik. 

    Der Angreifer flüchtete nach der Attacke in ein benachbartes Gebäude und verschanzte sich dort. Spezialkräfte der Polizei umstellten das Haus, drangen in das Gebäude ein und nahmen den Mann fest. 

    Landgericht Ulm verurteilt Angreifer zu einer lebenslangen Haftstrafe

    Anfang Juli verurteilte das Landgericht Ulm den damals 27-jährigen Mann wegen Mordes und versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Das bedeutet, dass in der Regel eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen ist. Rechtskräftig ist das Urteil aber noch nicht. Der Angeklagte legte Revision dagegen ein.

    Der mit Handschellen gefesselte Angeklagte verdeckt sein Gesicht mit einem Aktenordner, als ihn Justizbeamte in den Verhandlungssaal des Landgerichts Ulm führen. Der Asylbewerber aus Eritrea wurde für den Messerangriff auf zwei Schülerinnen in Illerkirchberg zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er eine 14-Jährige und ihre 13 Jahre alte Freundin auf dem Schulweg mit einem Messer heimtückisch attackierte. Die 14-Jährige starb an ihren Verletzungen.
    Der mit Handschellen gefesselte Angeklagte verdeckt sein Gesicht mit einem Aktenordner, als ihn Justizbeamte in den Verhandlungssaal des Landgerichts Ulm führen. Der Asylbewerber aus Eritrea wurde für den Messerangriff auf zwei Schülerinnen in Illerkirchberg zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er eine 14-Jährige und ihre 13 Jahre alte Freundin auf dem Schulweg mit einem Messer heimtückisch attackierte. Die 14-Jährige starb an ihren Verletzungen. Foto: picture alliance/dpa | Stefan Puchner

    Das Gericht ging im Sommer davon aus, dass der Mann, der als Asylbewerber aus Eritrea nach Deutschland gekommen war, an diesem Tag einen Mitarbeiter des Landratsamts töten wollte. Der Grund: Der 27-Jährige beschuldigte die Behörde, sein Leben verpfuscht zu haben. Ohne Pass habe er schließlich nicht nach Afrika reisen können, um dort eine Frau zu finden. Deshalb wollte er sich rächen. 

    Am Morgen des 5. Dezember 2022 steckte der Mann also ein Messer ein und wollte sich gerade auf dem Weg zum Landratsamt machen, als die beiden Mädchen auf ihrem Schulweg an seinem Haus vorbeiliefen. Der 27-Jährige habe befürchtet, dass sie das Messer gesehen hatten und ihn verraten könnten - und dass er sich deshalb nicht an der Behörde hätte rächen könne, so das Gericht. 

    Asylunterkunft wurde abgerissen - Ideen für künftig Nutzung werden erarbeitet

    "In unserer kleinen Gemeinde wurde ein furchtbares, völlig sinnloses und brutales Verbrechen begangen", sagte Bürgermeister Häußler. Die Asylunterkunft, vor der der Angriff stattfand, wurde inzwischen abgerissen, berichtet die dpa. Mittlerweile gibt es dort eine Wiese mit einem Bauzaun, den Kinder gestaltet hatten. Im Sommer wuchsen dort Sonnenblumen. 

    Der Vater des getöteten Mädchens hatte sich dafür ausgesprochen, einen Spielplatz oder eine Spielwiese an den Ort zu setzen. Eine Fokusgruppe beschäftige sich mittlerweile mit der Zukunft des Grundstücks, erklärt Häußler. Die Ideen für die künftige Gestaltung reichen von Begegnungsräumen über eine multifunktionale Nutzung mit Wohnungen und Gastronomie bis hin zu einem Ärztehaus. Zugepflastert soll das Areal nicht werden. "Auf der Freifläche soll sowohl Raum für Gedenken als auch für Begegnungen sein."

    An einem Bauzaun hängen bunt bemalte Plakate zum Gedenken an den Messerangriff auf zwei Schülerinnen. Am 05.12.2022 verlor eine 14-Jährige auf dem Schulweg  ihr Leben und ihre 13 Jahre alte Freundin wurde schwer verletzt. Das Landgericht Ulm verurteilte Anfang Juli 2023 einen damals 27-Jährigen wegen Mordes und versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe.
    An einem Bauzaun hängen bunt bemalte Plakate zum Gedenken an den Messerangriff auf zwei Schülerinnen. Am 05.12.2022 verlor eine 14-Jährige auf dem Schulweg  ihr Leben und ihre 13 Jahre alte Freundin wurde schwer verletzt. Das Landgericht Ulm verurteilte Anfang Juli 2023 einen damals 27-Jährigen wegen Mordes und versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe. Foto: picture alliance/dpa | Stefan Puchner

    Illerkirchberg gründet neuen Jugendtreff - Wunsch nach Ruhe ist groß

    Illerkirchberg habe sich nach der Tat verändert, sagte Häußler der dpa. "Der Jugendtreff im Ortsteil Oberkirchberg wurde neu gegründet, sodass die Jugendlichen dort wieder Gemeinschaft erleben können." Die Gemeinde bot Austausch- und Informationsformate, ein Selbstschutzseminar und einen Vortrag zum Thema Traumabewältigung an.

    Der Wunsch nach Ruhe in Illerkirchberg ist groß. Der mediale Ansturm, Gerüchte und Falschbehauptungen hätten Spuren hinterlassen, sagt Häußler. Aber: "Die Bürgerinnen und Bürger haben sich allen Versuchen, die Tat politisch zu vereinnahmen, entgegengestellt." Auch die Eltern der beiden Mädchen hatten damals in Briefen dazu aufgerufen, die Tat nicht für Hetze zu instrumentalisieren. "Illerkirchberg ist stark", sagt Häußler.

    Die Gemeinde Illerkirchberg

    Illerkirchberg ist eine Gemeinde mit 4.989 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2022) im östlichen Alb-Donau-Kreis in Baden-Württemberg. Sie liegt etwa acht Kilometer südlich von Ulm und erstreckt sich am Ende des Illertals auf dessen westlicher Seite. Im Osten grenzt sie an die bayrische Stadt Senden, im Süden an Illerrieden und Staig.

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