15-Jähriger erschoss vier Klassenkameraden und verletzte sechs Mitschüler sowie einen Lehrer
Zum ersten Mal wurde damit Eltern eines Amokläufers für die Taten ihres Kindes in den USA zur Verantwortung gezogen, berichten mehrere US-Medien.
Ihr 15-jähriger Sohn richtete am 30. November an der Oxford High School im US-Bundesstaat Michigan ein Massaker an. Er erschoss vier seiner Klassenkameraden und verletzte sechs weitere Schüler und einen Lehrer. Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll er seine Mitschüler förmlich hingerichtet haben. So befahl er einem Jungen, sich hinzuknien. Die Richter sprachen von Folter.
Eltern schenkten Teenager spätere Tatwaffe
Da stellt sich die Frage, wie der Teenager an die Tatwaffe kam. Die bekam er laut Medienberichten geschenkt - und zwar von seinen Eltern. Der Vater soll die Waffe vier Tage vor der Schießerei am Black Friday für seinen Sohn gekauft haben, einen Tag später gingen Mutter und Sohn zum Schießtraining auf einen Schießstand. "Mutter-Sohn-Tag testet sein neues Weihnachtsgeschenk“, schrieb die 45-Jährige anschließend in den sozialen Medien. Anschließend versteckte der Vater die Waffe in seinem Schlafzimmer - ohne sie in irgendeiner Weise wegzuschließen, so der Vorwurf.
Eltern sollen Warnungen aus der Schule ignoriert haben
Auch die Warnungen aus dem schulischen Umfeld des Jungen sollen Vater und Mutter ignoriert haben. Wie CNN berichtet, soll es noch am Morgen der Schießerei zu einem Treffen zwischen Schulmitarbeitern, dem Jungen und seinen Eltern gekommen sein. Der 15-Jährige wurde ins Schulbüro zitiert, nachdem er auf einem Mathe-Arbeitsblatt verstörende Notizen gemacht hatte. Darunter waren die Sätze „Überall Blut“ und „Mein Leben ist nutzlos“ sowie Zeichnungen von einer Waffe und einer Kugel.
Die Schulangestellten empfahlen den Eltern, ihn sofort aus dem Unterricht zu nehmen und ihn psychisch behandeln zu lassen. Doch die Eltern lehnten das mit der Begründung ab, dass sie zur Arbeit müssten. Sie informierten die Schule auch nicht darüber, dass sie kürzlich eine Waffe gekauft hatten. Nach dem Gespräch kehrte der 15-Jährige in den Unterricht zurück. Zwei Stunden später holte er die Waffe aus seinem Rucksack und brachte vier seiner Mitschüler um.
Mutter des Amokläufers plädiert auf "nicht schuldig"
Die 45-jährige Mutter plädierte in dem Gerichtsverfahren gegen sie auf "nicht schuldig". Stattdessen machte sie ihren Mann, die Schule und ihren Sohn für die Schießerei verantwortlich. Ihr Ehemann äußerte sich dagegen nicht selbst im Prozess. Sein Anwalt argumentierte, dass der Vater nichts von den Plänen oder den psychischen Problemen seines Sohnes gewusst hatte.

Die Geschworenen kamen aber zu einem anderen Schluss: Anfang Februar befanden sie die Frau, im März ihren Mann der fahrlässigen Tötung in vier Fällen für schuldig. Nun wurde das Strafmaß verkündet: Beide müssen 10 bis 15 Jahre ins Gefängnis.
Bei den Verurteilungen gehe es nicht um schlechte Erziehung, sagte Cheryl Matthews, Richterin des Bezirksgerichts Oakland County. Die Eltern des Amokläufers hätten Dinge, die bei jedem vernünftigen Menschen die Nackenhaare aufstellen, einfach ignoriert und nichts getan, um ihren Sohn zu stoppen. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass der Vater seinem Sohn uneingeschränkten Zugang zu Waffen und Munition in seiner Wohnung ermöglicht hatte, während seine Mutter den Besitz und Gebrauch dieser Waffen verherrlichte.
Eltern des Amokläufers entschuldigen sich
Vor der Urteilsverkündung wandten sich die Eltern des Amokläufers an die Etern der Opfer und entschuldigten sich für die Taten ihres Sohnes. "Ich werde für den Rest meines Lebens in meinem eigenen inneren Gefängnis sein", sagte die 45-Jährige. Ihr Mann erklärte: "Ich kann nicht ausdrücken, wie sehr ich wünschte, ich hätte gewusst, was mit (Ethan) los war oder was passieren würde, denn ich hätte auf jeden Fall viele Dinge anders gemacht." Beide sitzen seit ihrer Festnahe wenige Tage nach der Schießerei seit über zwei Jahren im Gefängnis.
Der Sohn hatte sich in allen 24 Anklagepunkten schuldig bekannt. Im vergangenen Jahr war er zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden.
Erstmals werden Eltern für die Taten ihres Kindes verurteilt
Der Fall hat die Frage in den Fokus gerückt, in wie weit Eltern für die Handlungen ihrer Kinder verantwortlich sind. Begehen Minderjährige solche Gewalttaten in Schulen, werden ihre Eltern eher selten dafür angeklagt oder verurteilt. Zwar wurden Elternteile in der Vergangenheit mitunter für fahrlässiges Verhalten zur Verantwortung gezogen, in diesem Fall aber wurde erstmals Eltern eines minderjährigen Schützen der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen.
Amokläufe an amerikanischen Schulen und Unis sind keine Seltenheit
In den Vereinigten Staaten kommt es immer wieder zu tödlichen Schüssen an Schulen und Universitäten. Das Waffenrecht in den USA ist je nach Bundesstaat unterschiedlich, aber Schusswaffen wie Pistolen und Sturmgewehre sind meist verhältnismäßig leicht zu bekommen. Strengere Waffengesetze scheitern in der Regel an den Republikanern im Kongress und an der mächtigen Waffenlobby. US-Präsident Joe Biden hat Maßnahmen zur Eindämmung von Waffengewalt in Aussicht gestellt, bislang aber ohne konkrete Ergebnisse.