Die Bundesregierung macht ernst: Bundeskanzler Olaf Scholz hat als Reaktion auf das russische Vorgehen gegenüber der Ukraine den Stopp des Pipeline-Projekts Nord Stream 2 angekündigt. Welche Folgen hat das für Deutschland und Europa, aber auch für Russland?
Nord-Stream-2 vorerst auf Eis gelegt
Scholz erklärte am Dienstag, dass vorerst keine Zertifizierung der Gas-Pipeline erfolgen kann. Damit wird die umstrittene Erdgas-Pipeline erst einmal nicht in Betrieb gehen. Außerdem wird es wohl weitere Sanktionen geben. Der Bundeskanzler sagte in Berlin:
Mögliche Auswirkungen des Stopps für Deutschland
Welche Folgen der Stopp der Genehmigung für Russland und Deutschland genau haben wird, ist noch schwer abzusehen.Steigende GaspreiseAllerdings sind weiterhin steigende Gaspreise in Deutschland und auch Europa nicht ausgeschlossen. Dimitri Medwedew, der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates in Russland kündigte bereits deutlich steigende Gaspreise an. "Nun gut herzlich Willkommen in der neuen Welt, in der die Europäer bald 2.000 Euro pro 1.000 Kubikmeter Gas zahlen", schrieb Medwedew auf Twitter. Medwedew machte jedoch keine Angaben dazu, wie er auf diesen Preis komme. Jedenfalls wären zwei Euro pro Kubikmeter um einiges mehr als aktuell. Momentan beläuft sich der Gaspreis durchschnittlich auf ungefähr 60 bis 66 Cent pro Kubikmeter.Gashahn wird zugedrehtEs könnte natürlich auch der Fall eintreten, das Russland die Gaslieferungen von einem Tag auf den anderen stoppt. Dieser Fall könnte für die Bundesregierung und die Energiewirtschaft eine große Herausforderung sein. Denn die Abhängigkeit Deutschlands von Gas aus Russland ist inzwischen recht hoch. Deutschland bezieht ungefähr 55 Prozent seines Erdgases aus Russland. Auf einen Ausfall der Lieferungen wäre man aber laut Kerstin Andreae, der Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, vorbereitet. Andreae zufolge gäbe es Sicherungsmaßnahmen in Europa, die in so einem Fall greifen würden. Auch Vizekanzler Robert Habeck und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatten erklärt, dass Europa darauf vorbereitet sei, sollte Russland den Gashahn zudrehen. Unter anderem sei deswegen schon mit Exporteuren aus den USA, Katar und Ägypten gesprochen worden.
Folgen für Russland
Allerdings ist nicht nur Deutschland von der Krise in der Ukraine und von der Entscheidung der Bundesregierung betroffen. Laut zwei Experten, die mit tagesschau.de gesprochen haben, hat das Ganze auch Auswirkungen auf Russland. "Russland benötigt die Pipeline mehr als Deutschland", sagte Claudia Kemfert, die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, gegenüber tagesschau.de. Denn Kemfert zufolge ist Russland auf die Exporte von fossiler Energie angewiesen. Der Meinung, dass Russland abhängig von den Gaslieferungen Richtung Westen sei, ist auch Andreas Löschel. Der Professor für Umwelt- und Ressourcenökonomik sowie Nachhaltigkeit an der Ruhr-Universität Bochum sagte tagesschau.de: "Das Ganze ist schon eine Sanktion, weil die russischen Bemühungen darauf ausgelegt sind, sich unabhängig zu machen von den Transitländern." Dieses Vorhaben wird Löschel zufolge auch durch den Pipeline-Stopp gefährdet. Kemfert fasste dann zusammen: "Weitere Sanktionen werden Russland stark schaden. Es gibt einen deutlichen Verlierer in dieser ganzen Geschichte, und das ist vor allem Russland."