Wer wie Richard Gere stets im Rampenlicht steht, der sieht auch immer wieder das eigene Leben an sich vorbeiziehen, bemerkte der Hollywoodstar kürzlich. "Wenn man sich selbst im Film sieht, verfolgt man sein ganzes Leben", sagte der Mann mit dem markanten silbergrauen Haar bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes. Sein verschmitztes Lächeln ist ein wenig in die Jahre gekommen, aber Richard Gere steht auch mit Mitte 70 noch voll im Leben. Der Hollywood-Schauspieler kann mittlerweile auf viele Jahrzehnte seiner Karriere zurückblicken, denn am 31. August wird er 75 Jahre alt.

"Wenn ich auf einem Filmfestival einen Preis erhalte und sie einen Zusammenschnitt meiner Filme zeigen, ist es eine wirklich bizarre Erfahrung, sein Leben in zwei Minuten vor sich zu sehen. Ich sehe also die Figuren, aber ich sehe auch mich selbst. Ich war die Person, die so getan hat, als wäre sie diese Figur. Es ist eine sehr merkwürdige Sache, Schauspieler zu sein."
Richard Gere macht sich Name als großer Humanist
Der Schauspieler hat zwar nicht mehr das verführerische Lächeln, das ihn berühmt machte. Doch mittlerweile denken seine Fans sowieso an mehr als nur Verführung und die funkelnden Augen des ehemaligen "Sexiest Man Alive". Denn der Mann, der an der Seite von "Pretty Woman" Julia Roberts brillierte und für seine Rolle in "Chicago" einen Golden Globe gewann, hat sich mittlerweile auch einen Namen als großer Humanist gemacht - und ist obendrein ein Freund des Dalai Lama.
Gere bricht Philosophie-Studium für Theater-Karriere ab
Richard Tiffany Gere wurde 1949 in Philadelphia geboren. Er wuchs als Sohn eines Versicherungsvertreters und einer Hausfrau auf einer Farm bei Syracuse (New York) auf. Der musikalische Junge galt als "der Introvertierte" unter den fünf Geschwistern. Er erlernte früh mehrere Instrumente (Klavier, Gitarre, Trompete, Schlagzeug) und komponierte für das Studententheater. Ein Sportstipendium ermöglichte ihm 1967 ein Philosophie-Studium an der University of Massachusetts. Doch das brach er zwei Jahre später ab. Denn dann lockte das Theater.
Seine Karriere startete mit Rollen in Broadway-Produktionen. In der Londoner Inszenierung des Musicals "Grease" kam er erstmals groß raus. Eine Rolle als Homosexueller in einem deutschen Konzentrationslager in Martin Shermans Drama "Bent" brachte ihm den Vergleich mit dem jungen Marlon Brando ein.
Richard Gere: Eine Auswahl seiner bekanntesten Filme
- 1980: Ein Mann für gewisse Stunden (American Gigolo)
- 1982: Ein Offizier und Gentleman (An Officer and a Gentleman)
- 1990: Internal Affairs – Trau’ ihm, er ist ein Cop (Internal Affairs)
- 1990: Pretty Woman
- 1991: Rhapsodie im August (Hachigatsu no kyohshikyoku)
- 1992: Eiskalte Leidenschaft (Final Analysis)
- 1993: Sommersby
- 1994: Begegnungen – Intersection (Intersection)
- 1995: Der 1. Ritter (First Knight)
- 1996: Zwielicht (Primal Fear)
- 1997: Der Schakal (The Jackal)
- 1999: Die Braut, die sich nicht traut (Runaway Bride)
- 2000: Es begann im September (Autumn in New York)
- 2000: Dr. T and the Women
- 2002: Untreu (Unfaithful)
- 2002: Chicago
- 2004: Darf ich bitten? (Shall We Dance)
- 2005: Another Summer – 45 Jahre nach Hiroshima
- 2006: The Hoax – Der große Bluff
- 2007: Hunting Party – Wenn der Jäger zum Gejagten wird
- 2008: Das Lächeln der Sterne (Nights in Rodanthe)
- 2009: Amelia
- 2009: Hachiko – Eine wunderbare Freundschaft (Hachi: A Dog’s Tale)
- 2010: Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest (Brooklyn’s Finest)
- 2011: The Double – Eiskaltes Duell (The Double)
- 2012: Arbitrage – Macht ist das beste Alibi (Arbitrage)
- 2013: Movie 43
- 2014: Time Out of Mind
- 2015: Best Exotic Marigold Hotel 2 (The Second Best Marigold Hotel)
- 2016: Norman (Norman: The Moderate Rise and Tragic Fall of a New York Fixer)
- 2017: The Dinner
- 2017: State of Mind – Der Kampf des Dr. Stone (Three Christs)
Bei "Pretty Woman" lockte Richard Gere die Gage, nicht die Rolle
Den Durchbruch zum Hollywoodstar schaffte Gere schließlich 1980 mit "Ein Mann für gewisse Stunden". Der Film "Ein Offizier und Gentleman" gab seiner Karriere weiteren Antrieb. Nach etlichen Flops gewann er 1990 als bestechlicher Cop in "Internal Affairs" die Publikumsgunst zurück. Für "Pretty Woman" mit Julia Roberts entschied sich Gere anfangs nur des Geldes wegen, wie er in einem Interview zugab. Erst beim Drehen habe er Gefallen an der Geschichte gefunden.

Richard Gere und die Frauen
Gere stand mit vielen großen Hollywood-Damen vor der Kamera. So wie mit Kim Basinger in "Eiskalte Leidenschaften" (1992) oder mit Jodie Foster in dem Südstaaten-Epos "Sommersby" (1993). "Zwielicht" ("Primal Fear") zeigte ihn als Staranwalt, der die Verteidigung eines jungen Psychopathen zum Medienspektakel macht.
Als geschickter Strafverteidiger in dem Musical "Chicago" gewann er 2003 den Golden Globe für die beste männliche Darstellung. Einige Kritiker halten aber "Arbitrage" (2012) für die Bestleistung seiner langen und erfolgreichen Karriere - ein Thriller um Geld und Gier.
Gere war über 40, als er schließlich Cindy Crawford heiratete, Schauspielkollegin und Model. Nach der Scheidung vier Jahre später zog er mit dem ehemaligen Bond-Girl Carey Lowell zusammen. Das Paar, das einen gemeinsamen Sohn hat, ließ sich ebenfalls scheiden. Heute ist Gere mit der Spanierin Alejandra Silva zusammen und hat mit ihr zwei Söhne. Doch wenn es um sein Privatleben ging, war er immer eher zurückhaltend. Um die Namen seiner Kinder machte er stets ein Geheimnis.

Tiefe Freundschaft mit dem Dalai Lama
Im fortschreitenden Alter machte Gere mehr und mehr als Philanthrop auf sich aufmerksam. Ein Teil seiner Gagen fließt in die nach ihm benannte Stiftung, die humanitäre Projekte in aller Welt unterstützt. Eine weitere Erfüllung fand der Superstar im Glauben. Gere wandte sich schon vor vielen Jahren dem Buddhismus zu. Daher auch die tiefe Freundschaft mit dem Dalai Lama, bei dessen Vorträgen er manchmal neben ihm auf der Bühne sitzt.
Auf der Bühne und sicherlich auch vor der Kamera dürften wir Gere noch länger sehen. Zumindest dann, wenn er wie sein Vater 101 Jahre alt werden sollte. Er habe ihn immer auch als ältere Version seiner selbst gesehen, sagte Gere in Cannes. "Ich sehe auch wie mein Vater aus. Und es war verrückt, als wir im Film den Prozess des Alterns durchliefen, wie sehr ich mich selbst in einigen Jahren sah, wie ich aussehen würde - sofern ich davon ausgehe, dass ich so alt wie mein Vater werde. Das ist eine sehr merkwürdige Sache."