Die Deutschen und die Natur, das ist weit mehr als das melancholische Sehnen nach Wald, Bergen und Meer. Eine neue Ausstellung im Deutschen Historischen Museum wirft ab Mitte November einen weiten Blick zurück auf die vergangenen 800 Jahre, in denen die Menschen in Mitteleuropa mal den Einklang mit der Natur fanden, mal von Katastrophen gepeinigt wurden, mal besorgt auf den eigenen Raubbau schauten.
«Ich hoffe, dass wir mit unserer Ausstellung die Leute anregen können, darüber nachzudenken, was sie unter Natur verstehen oder verstehen wollen», sagt Julia Voss, Kuratorin der geplanten Schau «Natur und deutsche Geschichte: Glaube - Biologie - Macht».
Startpunkt Hildegard von Bingen
Ihr Ausgangspunkt ist die berühmte Heilkundlerin Hildegard von Bingen und ihr Konzept der göttlichen «Grünkraft» zu einer Zeit im 12. Jahrhundert. «Es ist eine Zeit, wo viele Städte und auch Klöster gegründet werden, wo die Dreifelderwirtschaft eingeführt wird», erzählt Voss. «Das heißt, die Landschaften verändern sich stark. Viele Kulturlandschaften entstehen.»
Der Mensch wirkt auf seine Umgebung - und die wiederum auf den Menschen. Es ist dieses Miteinander, das Voss in fünf Themenräumen schlaglichtartig zeigen will. Die Spanne reicht bis zur Anti-Atomkraft- und Umweltschutzbewegung der 1970er Jahre.
Eine ferne Katastrophe mit Folgen
Die Kuratorin will das aber nicht als Abwärtstrend verstanden wissen hin zu einem immer zerstörerischen Verhältnis von Mensch und Natur. Es geht ihr auch nicht um einen Gegensatz zwischen der wilden Natur und einem romantisierten Idyll. Für sie ist die Entwicklung ein Hin und Her zwischen diesen Blickwinkeln.
Ein Beispiel ist der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien, der sogar im deutschsprachigen Raum 1816 zum «Jahr ohne Sommer» führt: Die Rauchpartikel in der Luft haben Abkühlung, Stürme und Ernteausfälle zur Folge, wie Voss berichtet. Und Menschen suchen Wege, solche Folgen beim nächsten Mal zu vermeiden: Das landwirtschaftliche Forschungsinstitut in Hohenheim wird gegründet, das bis heute existiert.
Eröffnung am 14. November
Diese Wechselbeziehung und das Schillernde des Begriffs Natur - gesprochen wird ja auch von der «Natur des Menschen» - habe sie schon lange interessiert, sagt Voss. Jetzt sei das Thema wegen der Debatte über den Klimawandel sehr aktuell. «Wir hatten das Gefühl, dass es ein guter Zeitpunkt ist, um sich einmal historisch anzuschauen, wie sich die Naturvorstellung entwickelt haben und welche Rolle die in der deutschen Geschichte gespielt haben», sagt die Kuratorin.
Eröffnet werden soll die Ausstellung am 14. November im Deutschen Historischen Museum. Geplante Laufzeit ist bis zum 7. Juni 2026.


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