Die erfolgreichen österreichischen Skispringer sieht man vor Wettkämpfen mit Kopfhörern herumlaufen. Viele andere Sportler tun es Morgenstern, Schlierenzauer und Kofler inzwischen nach. Biathlon-Olympiasiegerin Magdalena Neuner schwor drauf.
Jetzt ist das geheimnisvolle Trainingsprogramm auch in Oberstdorf angekommen. AVWF (Audiovisuelle Wahrnehmungsförderung) heißt das Wundermittel der sportlichen Überflieger, das von dem Österreicher Ulrich Conrady entwickelt wurde. Seit zwei Monaten arbeitet Physiotherapeut Martin Müller in seiner Praxis im Karweidach mit AVWF und stellte die Methode der Öffentlichkeit vor.
Bei der Präsentation fehlte Erfinder Conrady, aber Müller ist inzwischen in die Schule des 'Schallwellen-Profis' gegangen und erläuterte wie er auf AVWF gestoßen ist, wie die Methode funktioniert und bei welchen Krankheits- und Auffälligkeitsbildern sie hilft. AVWF operiert auf der Basis von Biologie und Psychologie.
Modulierte Schallwellen, die sich über die Beatles oder Beethoven ins Ohr schmuggeln, sollen den Innenohrmuskel trainieren, so das Nervensystem stimulieren und wieder in Balance bringen. Die vielen Reize in der modernen Welt brächten den in der Evolution entwickelten Stufenplan harmonischer Zusammenarbeit im autonomen Nervensystem durcheinander, berichtet Müller.
Dort, wo Sozialverhalten und kontrolliertes Handeln greifen sollten, hätten sich quasi als Schutz vor permanenter Reizüberflutung vermehrt uralte menschliche Verhaltensweisen breitgemacht. Die aber folgten nur einfachen Strukturen mit der Wahl von 'Stell dich tot, hau drauf oder flüchte'. Die Folge: Die Alarmglocken läuten permanent, Widerstand regt sich bis zur dauernden Erschöpfung. Das AVWF-Trainingsprogramm helfe sinnbildlich, verstopfte Filter zu reinigen und dem Probanden das Gefühl der Sicherheit wiederzugeben, sagt Müller.
Entspannung, Konzentration und schnelle Regeneration rückten anstelle von stressbedingter Müdigkeit.
Die Methode, die ursprünglich gedacht war, verhaltensauffälligen und in der Konzentration gestörten Kindern und Jugendlichen zu helfen, wird inzwischen auch von Leistungssportlern angewandt. Doch egal, ob es um gute Noten in der Schule geht oder um Bestzeiten beim Wettkampf. Zunächst einmal heißt es, Zeit und Geld investieren.
Zehn einstündige Sitzungen brauchen die Ohrenmuskeln für das Training mit den modulierten Schallwellen. Der Preis für das rund zweiwöchige Programm liegt bei 1500 Euro. Bevor man loslegt, testet Martin Müller jedoch intensiv und speziell auf den Probanden ausgerichtet, ob und in welcher Form ein solches Training sinnvoll ist.
Die Weltcup-Langläuferinnen Katrin Zeller und Lucia Anger vom SC Oberstdorf haben die Methode getestet. Katrin Zeller, die seit Jahren kein Training ohne Rückenschmerzen absolvierte, versichert, mit AVWF schmerzfrei trainieren zu können.
Und Teamkollegin Lucia Anger merkt nach den zehn Sitzungen 'regenerationsmäßig eine deutliche Verbesserung'. Selbst nach den harten Trainingseinheiten in den vergangenen Tagen sei sie nie so richtig 'platt' gewesen und habe sich erstaunlich schnell und gut erholt.