'Jeder Extremsportler, der behauptet, dass er nicht ans Aufgeben denkt, lügt.' Schwimmer Axel Hallbauer weiß, wovon er spricht. Bei seinem jüngsten Abenteuer, der Durchquerung der 14 Kilometer langen Straße von Gibraltar – die den südlichsten Zipfel Europas (Tarifa/Spanien) mit Afrika (Plage Dalia/Marokko) verbindet – hat er gewiss ein paar Dutzend Male ans Aufgeben gedacht.
Fünf Tage in Tarifa gewartet
Der Start ins Abenteuer begann nicht gerade vielversprechend. Lange Zeit hatten Hallbauer und Trepte an ihrem Plan gebastelt, nicht nur persönlich eine sportliche Herausforderung zu meistern, sondern auch etwas für den guten Zweck zu tun. Hallbauer, der als Marketingfachmann in München arbeitet, hatte während seiner beruflichen Zeit in Kanada (2002 bis 2009) das Hilfsprojekt 'Hands across Africa' kennengelernt. Und genau dieses sollte von seiner 'Spinnerei' profitieren.
Doch in Spanien angekommen, hieß es erst einmal warten. Die Wetterlage war miserabel, 'der Altweibersommer in Deutschland hat uns das Unternehmen fast verhagelt.' Heftiger Wind und starker Seegang – die Trans-Gibraltar-Schwimmvereinigung, die die ambitioniertesten Krauler der Welt organisiert durch die Meerenge schwimmen lässt (wegen des starken Frachtverkehrs darf aus Sicherheitsgründen täglich nur eine Gruppe von vier Personen die 14 km lange Strecke schwimmen), vermeldete tagelang 'basta ya' – nichts geht mehr. 'Da sind bei vielen Tränen geflossen, weil sie unverrichteter Dinge wieder abreisen sollten', erzählt Hallbauer.
Und obwohl die Schlange der Extremsportler aus allen Herren Länder immer länger und länger wurde, hieß es nach fünf Tagen Warten: 'Hallbauer, Trepte from Germany – with Nial Funchion from America and Colin Hill, Great Britain'. Oje, dachte sich Hallbauer, 'ausgerechnet die beiden'. Bei den Trainingseinheiten zur Überbrückung der Schlechtwetter-Tage in Tarifa war nämlich schnell klar geworden: Das amerikanisch-englische Duo schwimmt verdammt gut, 'die hatten bereits den Ärmelkanal durchschwommen', der an seiner schmalsten Stelle etwa 34 Kilometer breit ist.
Die strengen Regularien der Vereinigung wollen es so, dass die vier Schwimmer zusammenbleiben müssen, schließlich werden sie äußerst aufwendig und kostspielig von drei Begleitbooten eskortiert: einem großen, das den riesigen Frachtschiffen funkt, dass sie einen großen Bogen um die vier Schwimmer ziehen müssen, und zwei kleinen, die für die Nahversorgung der Sportler mit Essen und Trinken verantwortlich sind.
Dann also der lang ersehnte Start: 19 Grad Wassertemperatur. Hallbauer und Trepte tragen einen Neopren, die beiden anderen nicht. Hinterher stellte es sich als richtig heraus, diesen Schutzanzug zu tragen, schließlich bot der Meeresritt noch allerlei andere Unbill. So zum Beispiel Hallbauers früh einsetzende Seekrankheit.
'Es war übel', aber die Frage, wie er diese Übelkeit überhaupt ertragen konnte, beantwortet der 38-Jährige recht nüchtern: 'Mei, ich habe das Essen einfach wieder runtergeschluckt.' Schwer zu schlucken hätten die Vier vermutlich auch daran gehabt, dass sie in etwa 200 Meter Distanz eine ganze Zeit lang von Orca-Walen begleitet wurden. 'Die Leute vom Begleitboot haben uns zwar informiert, aber wegen der Wellen konnten wir sie nicht sehen – zum Glück.'
Nach 3:50 Stunden im Ziel
Die Fluten des Pazifiks erwiesen sich als unerbittliche Gegner. Der Wellengang war zeitweise extrem, die Strapazen zwischen den kurzen, halbstündigen Pausen wurden immer größer. 'Aber als das Ziel in Sicht war, haben wir uns brutal gepusht', blickt der Füssener zufrieden zurück. Fünfeinhalb Stunden hatten er und Trepte sich als Ziel gesetzt. 'Doch Nial und Colin haben uns zu einer Wahnsinnszeit getrieben', sagt Hallbauer. Drei Stunden und 50 Minuten steht nun auf dem offiziellen Gibraltar-Durchquerungs-Zertifikat – für die durch die Strömung erweiterte 17-Kilometer-Strecke. Relevant war die Zeit nicht wirklich.
Außer, dass Bekannte und Freunde, die sich an der Spendenaktion beteiligt haben, einen Tipp abgeben konnten, wie lange das Duo denn für sein Vorhaben benötigen würde. Hallbauers Ex-Nachbar in Kanada hatte mit 3:59 Stunden fast hellseherische Fähigkeiten und gewann 500 Euro. Dass er gestern per E-Mail mitteilte, diesen Betrag ebenfalls dem Hilfsprojekt zu spenden, erfüllt Hallbauer 'mit ganz tiefer Freude'. Insgesamt seien 5000 Euro an Spenden zusammengekommen, und Füssens Bürgermeister Iakob habe angekündigt, noch etwas draufzulegen. 'Wir werden damit ein Waisenhaus in Sierra Leone unterstützen', sagt Hallbauer und freut sich auf die positive Resonanz aus seiner Allgäuer Heimat.
'Ich bin für ganz ganz viele arme Kinder in Afrika geschwommen, aber ein kleines bisschen auch für meine stolze Oma Hildegard in Füssen, die bald ihren 99. Geburtstag feiert.'