Handball: Christian Hutner und die erste Saison als Schiedsrichter in der 3. Liga

24. September 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Tobias Bunk

Es geht voran bei der HSG Dietmannsried/Altusried. Die Männer spielen in der Bezirksoberliga, die Frauen wollen in die Landesliga aufsteigen. Doch einer ist schon weit voraus, in der 3. Liga. Christian Hutner. Der Trainer der HSG-Frauen ist als Schiedsrichter in der dritthöchsten deutschen Liga angekommen. Nach einem Jahr zieht er Bilanz. Die fällt positiv aus. Mit seinem Partner Florian Drechsler (28) vom TuS Fürstenfeldbruck hat der 33-jährige Oberallgäuer in der 3. Liga bei Spielern, Trainern und Schiedsrichter-Beobachtern einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. 'Unter 83 Gespannen beim Deutschen Handball-Bund haben wir in Deutschland Platz sechs belegt.' Recht ordentlich für ein Duo, das erst aufgestiegen ist.

Vertrauen vom Verband

Um in die 2. Bundesliga aufzusteigen, hätten die beiden Rang eins in der Rangliste der Vorsaison belegen müssen, aber Hutner ist auch so recht zufrieden. 'Wir haben uns in der vergangenen Saison einen guten Namen gemacht. Das merkt man daran, welche Spiele man vom DHB zugeteilt bekommt.' Das Derby zwischen dem ehemaligen Bundesligisten SG Leutershausen und TV Germania Großsachsen (bei Mannheim) dürfen in der Regel nur ältere und erfahrene Schiedsrichter-Teams und keine heurigen Hasen leiten. Es war ein Vertrauensbeweis und Wertschätzung des Verbandes, die zwei Neuen aus Bayern auf das brisante Lokalderby (die beiden Orte liegen gerade mal 2,4 Kilometer auseinander) vor fast 1800 frenetisch anfeuernden Fans anzusetzen. Hutner und Drechsler bestanden die Probe mit Bravour.

In Bayern gibt es nur ein Gespann, das über Hutner und Drechsler in der 2. Bundesliga pfeift. Ansonsten ist das Duo aus dem Allgäu und Oberbayern im Freistaat spitze. Im Allgäu ist Hutner der ranghöchste Unparteiische. In Sachen Nachwuchs an Handball-Schiedsrichtern im Allgäu sieht es eher mau aus, so Hutner. Wie kam er zu Drechsler? 'Ich habe Florian bei einem Spiel in Kempten gesehen und ihn anschließend gefragt, ob er sich vorstellen kann, irgendwann mal auch höherklassig zu pfeifen.' Drechsler willigte ein. Das war vor zehn Jahren. Es war ein Entschluss, der sich bezahlt gemacht hat. Der sportliche Erfolg ist aber größer als der finanzielle Ertrag. Ganz anders als bei den Schiedsrichtern im Fußball gibt es, so Hutner, im Handball kaum was zu verdienen.

Das Geld ist es also nicht, was Hutner Woche für Woche quer durch das Land in einer Linie etwa von Frankfurt am Main nach Leipzig und Dresden treibt. Von den Städten bekommt er wenig mit. Anreisen, pfeifen und wieder abreisen. Oft genug kommt er nach Hause ins Allgäu zurück, wenn der Morgen schon graut. Gelegentlich gibt es sogar Doppeleinsätze für das Duo am Wochenende. 'Grundsätzlich will ich schnell wieder nach Hause. Aber man übernachtet auch mal', sagt er. Dann kann es ausnahmsweise schon mal sein, dass es doch ein wenig Sightseeing gibt. Der Nachteil: An diesen Wochenenden bleibt keine Zeit, seine Frauen in der Bezirksoberliga zu betreuen. Wenn es das Geld nicht ist, was ihn motiviert, bleibt also der Hang zum Handball. Hutner kommt bei Trainern und Spielern mit seiner Art an.

'Ich habe selbst gespielt und habe den B-Schein, mit dem ich Mannschaften bis in die zweite Liga trainieren kann. Ich verstehe dementsprechend bei Trainern und Spielern, wie sie ticken.'

Hutner legt in der Hektik eines Spiels nicht gleich jedes Wort, das fällt, auf die Goldwaage. Er drückt eher mal ein Auge zu und nennt es so: 'Bereitschaft zum Konsens'.

Handball ist ein Kampfsport und fern jeglicher größerer Nettigkeiten während des Spielverlaufs. Hitzig ist oft eine vornehme Umschreibung mit Tendenz zur Untertreibung für die Stimmung, die in vielen Hallen herrscht. Hutner versucht dennoch, stets ruhig zu bleiben. 'Man ist am Spielfeldrand oder hinter dem Tor ganz nahe dran an den Fans', sagt er.

Seine Bereitschaft zur Diskussion mit Trainern und Spielern über seine jeweiligen Entscheidungen ist zwar ausgeprägt, aber nicht grenzenlos.

Geht bis zu gewissem Punkt

'Das geht bis zu einem gewissen Punkt. Schluss ist, wenn die Außenwirkung zu groß wird', sagt er. Will heißen, wenn die Fans zu spüren glauben, dass er mehr am Diskutieren als am Leiten der Partie ist. Bevor die Stimmung kippt, kann Hutner auch mal autoritär werden. Und in einem Punkt kennt Hutner sowieso keine Gnade, ganz unabhängig davon, wie der Spielstand ist und wie aufgebracht die Fans sind: 'Bei einem Foul, um einen Tempogegenstoß zu unterbinden' kennt der Allgäuer Unparteiische nur eine Antwort: 'Die Rote Karte.'