Seinen Besucher hat Cornelius Hipp schon von Weitem gesehen. Er kommt gerade aus der Garage, steht nun neben seinem Mountainbike, das er unbedingt noch putzen wollte. Mit breitem Lächeln erklärt der 18-Jährige vor dem Haus seiner Eltern in Pfronten, dass sein fahrbarer Untersatz zuvor beim besten Willen nicht vorzeigbar gewesen sei. 'Da klebte noch der ganze Dreck vom letzten Marathon dran', sagt Cornelius Hipp. Zwei Wochen sei der inzwischen her, seitdem habe er nicht mehr auf dem Rad gesessen. Doch das soll sich noch in dieser Woche ändern, schließlich findet unmittelbar vor seiner Haustür der Pfrontener Mountainbike-Marathon statt – und da ist Cornelius seit nunmehr fünf Jahren noch jedes Mal mitgefahren. Das erste Mal im Alter von gerade einmal 13 Jahren.
Vielleicht war er damals sogar der jüngste Teilnehmer, genau lässt sich das heute kaum mehr nachvollziehen. Doch das war ihm auch nicht wichtig. Wichtig war allein: Er wollte das mit dem Marathon mal ausprobieren. 'Auslöser war die Alpenüberquerung, die ich ein Jahr zuvor mit meinem Vater gemacht habe', erzählt der 18-Jährige. Freunde ermutigten ihn danach, doch beim Marathon in Pfronten an den Start zu gehen – genau das machte der damals 13-Jährige auch.
Mittendrin in der Szene
Jedoch nicht ohne Generalprobe fernab der Heimat: 'Den ersten Marathon habe ich vorsichtshalber am Tegernsee gefahren, ich wollte mich zu Hause nicht blamieren', erklärt Cornelius mit gewohnt breitem Grinsen.
Doch die Sorge des beinahe schlaksigen, fast 1,90 Meter großen Sportlers war unbegründet: Er kam so locker durch das erste Rennen, dass er sich in Pfronten prompt für die Extremstrecke anmeldet.
70 Kilometer, 2600 Höhenmeter. 'Mein Ziel war, einfach nur durchzukommen', erklärt Cornelius rückblickend. Auch das klappte und irgendwie war er auf einmal mittendrin in der Szene. Heute kommen pro Jahr zehn bis 15 Marathons im Jahr zusammen, seit drei Jahren gehört der 18-Jährige zum Team Sport Manhard und besitzt seit diesem Jahr auch eine Amateurlizenz.
Theoretisch darf er jetzt auch an Straßenrennen teilnehmen. 'Ich weiß aber noch nicht genau, ob ich das in diesem Jahr mal mache', erklärt Cornelius. Ohnehin habe er heuer noch nicht so viel auf dem Rad gesessen. Denn einem konventionellen Trainingsplan folgt der Ausdauersportler nicht. Er folgt vielmehr seinem Gefühl. Lediglich eine kleine Liste dient ihm zur Orientierung. 'Ich schreibe im Winter alle Berge auf, auf die ich in dem Jahr rauf möchte.' Und dann geht es bergauf: im Winter per Skitour, im Sommer mit Rennrad oder Mountainbike. Immer im Bann der Berge. Das ist alles.
Sein Antrieb ist der Spaß an der Sache. 'Das ist für mich das Wichtigste, deswegen könnte ich auch nie Radprofi werden.' Wenngleich es auch bei ihm nicht ohne Ehrgeiz geht. 'Ich versuche, einen guten Mittelweg zu finden', erklärt Cornelius, der gerade sein Abitur gemacht hat. Für das Heimrennen nimmt er sich heuer vor, auf der Extremstrecke unter vier Stunden zu bleiben. Es wäre das erste Mal. 'Dann wäre ich ganz gut am Weg.' Dabei gilt auch für ihn das Gleiche wie für alle Teilnehmer: 'Am Berg muss jeder sein eigenes Tempo fahren. Es rächt sich, wenn man irgendwo mitfährt, wo es eigentlich nicht geht.' Das kann schnell in einem Desaster enden.
Das ist Cornelius trotz einiger Stürze bisher erspart geblieben, wobei er in erster Linie von seiner enormen Ausdauer und Leidensfähigkeit zehren kann. 'Ich habe noch nie aufgegeben, aber auch nicht immer perfekte Ergebnisse erreicht', sagt er selbstkritisch. Aber allein das Ziel zu erreichen, sei immer wieder aufs Neue ein grandioses Gefühl. Auch wenn das Rad dann wieder geputzt werden muss.