Ein kleines Dorf hat Großes vor. Es richtet das Gauschießen aus, zu dem zahllose Schützen aus der näheren und weiteren Umgebung erwartet werden. Ingenried ist ab Freitag, 1. Juni, gleichsam der Nabel der Schützenwelt im Gau Schongau. Und das aus gutem Grund: Vor 125 Jahren wurde der Schützenverein gegründet.
In der Gaststube des Rieger-Wirtshauses, so ist es in der Chronik überliefert, wurde am 20. Februar 1887 die Zimmerstutzen-Schützengesellschaft Ingenried aus der Taufe gehoben. Ihr Ziel war 'vor allem die Pflege eines gesellschaftlichen Lebens und heitere Unterhaltung'. Dabei wurden Mitglieder nur unter der Bedingung aufgenommen, dass sie fleißig die Schießabende besuchen. Wer häufiger als vier Mal in Folge ohne Begründung fehlte, wurde damals ausgeschlossen.
Wiedergründung über Trachtler
Die Aufwärtsentwicklung des Schützenwesens unterbrach auch in Ingenried der Erste Weltkrieg. Erst 1919 trafen sich 17 Schützen wieder und setzten die Tradition fort. Als 1933 der Erste Schützenmeister 'Vereinsführer' genannt werden musste, hatte die Zeit der Nationalsozialisten begonnen.
Erneut ruhte in Ingenried das kameradschaftliche Schießen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Besatzungsmächte zunächst alle schießsportliche Betätigung verboten, Waffen und auch zum Teil wertvolle Gegenstände, die an das Schießen erinnern, mussten abgeliefert werden. Die Geschichte der Ingenrieder Schützen lebte 1949 über den neu gegründeten Trachtenverein wieder auf. Bereits ein Jahr später erfolgte der Vorschlag, innerhalb dieser Gemeinschaft eine Schützengruppe zu gründen. So geschah es. Als sich der Trachtenverein bereits 1953 wieder auflöste, blieb dennoch ein Stück erhalten: der Name Alpenblick, den fortan die Schützen trugen.
Vorreiterrolle in Oberbayern
Nach Stationen in der Rieger-Wirtschaft und ab 1968 im Feuerwehrhaus zogen die Schützen 1977 in die neue Mehrzweckhalle um. 1984 folgte das nächste Ereignis, das in die Geschichtsbücher einging: die Weihe der 'schönen, aber auch teuren Fahne'. Beim Festschießen wurden die Schüsse erstmals im oberbayerischen Raum elektronisch ausgewertet. Weil der Verein inzwischen auf 160 Mitglieder angewachsen war, musste der Schießraum umgebaut werden.
1987, zum 100-jährigen Bestehen, richteten die Ingenrieder das Gauschießen aus. Die Gemeinde war 1972 im Zuge der Gebietsreform in den Landkreis Schongau gekommen, in dessen Schützengau die Ingenrieder einige Jahre später vom Gau Kaufbeuren-Marktoberdorf wechselten.
Inzwischen vier Gaukönige
Die Ingenrieder Aktiven wurden immer erfolgreicher, was Teilnahmen, Siege und gute Platzierungen bei bayerischen und deutschen Meisterschaften belegen. Auch bei den Gauschießen landeten sie Volltreffer. Josef Leonhard war 1977 der erste Gaukönig in der Geschichte von Alpenblick, ihm folgten 2001 Günter Richter und 2004 gleich zwei Majestäten: Karin Welz als Gaukönigin, Markus Erhard als Gaukönig.
Vielleicht gelingt den Ingenrieder auch heuer beim eigenen Fest eine Überraschung. Am Donnerstag, 14. Juni, sind sie schlauer, denn ab 19.30 Uhr werden im Festzelt die neuen Könige proklamiert.